Carsharing-Gerichtsurteil Wer teilt, gewinnt
Privates Carsharing boomt - professionellen Autovermietern ist das ein Dorn im Auge. Eine Klage wurde nun vom Landgericht Berlin abgewiesen. Dennoch bleibt Klärungsbedarf.
Autobesitzer, die ihr Fahrzeug hin und wieder vermieten, können das auch weiterhin ohne große Auflagen tun. Das Landgericht in Berlin hat eine Klage der professionellen Autovermietung Starcar aus Hamburg und dem Bundesverband deutscher Autovermieter (BAV) - ein Zusammenschluss von mehr als 240 Mietwagenunternehmen - gegen Autonetzer.de zurückgewiesen.
Nach eigenen Angaben ist Autonetzer die größte Plattform für privates Carsharing in Deutschland. Über die Webseite vermieten Privatpersonen ihre Fahrzeuge für eine bestimmte Zeit. Unternehmen wie Autonetzer.de, nachbarschaftsauto.de und tamyca.de treten als Vermittler auf und kassieren dafür eine Gebühr.
Das Urteil, das SPIEGEL ONLINE vorliegt, ist ein Erfolg für die junge Sharing Economy. Der Verleih über Internetplattformen boomt und entwickelt sich zum Milliardengeschäft. Laut einer Studie der Unternehmensberatung Roland Berger wäre beispielsweise jeder zweite Autobesitzer aus den Industriestaaten bereit, sein Auto mit anderen zu teilen. Behält die Studie recht, ist mit Wachstumsraten von bis zu 35 Prozent jährlich zu rechnen. Das alarmiert bisherige Branchengrößen, die um ihr etabliertes Geschäftsmodell fürchten. Mit Klagen versuchen sie, die neue Konkurrenz abzuwehren.
Der BAV und Starcar hatten vor Gericht gefordert, dass für private Autoteiler gleiche Regeln herrschen sollen wie für professionelle Anbieter. Denn Sixt und Co. müssen eine spezielle Zulassung für Mietfahrzeuge sowie einen jährlichen Sicherheitscheck einhalten. Privatautos müssen dagegen nur alle zwei Jahre zur Hauptuntersuchung.
Mit dieser Forderung sind die Kläger gescheitert: Nach Ansicht des Landgerichts in Berlin ist die Plattform Autonetzer darauf ausgelegt, dass Nutzer ihr eigenes Auto anderen Nutzern zur Miete anbieten können. Das private Carsharing sei mit gewerblichen Anbietern deshalb nicht vergleichbar, da dieses stets nur von Dritten genutzt wird, argumentierte das Gericht. Privatautos, wie sie auf Autonetzer angeboten werden, unterlägen somit nicht den gleichen Sicherheitsvorschriften wie Fahrzeuge von gewerblichen Anbietern. Allerdings müsse der Gesetzgeber entscheiden, ob für privates Carsharing kürzere Intervalle geboten seien.
Ab wann ist Teilen ein Geschäft?
Autonetzer-Chef Sebastian Ballweg begrüßt die Entscheidung des Gerichts: "Das Urteil hat eine positive Signalwirkung für alle Akteure der Sharing Economy." Zugleich fordert er weitere Rechtssicherheit. Es sei jetzt Aufgabe der Politik, "harte Kriterien" zu bestimmen, ab wann privates Teilen gewerbsmäßig werde.
Das Gericht hatte diese Lücke in der Gesetzgebung bereits in seinem Urteil festgestellt. Es heißt dazu: Bei Carsharing von Privatpersonen "handelt sich um eine moderne Form der Gebrauchsüberlassung, die überhaupt nur mithilfe moderner Kommunikationsmittel möglich geworden ist. Die Kammer kann deshalb nicht eindeutig feststellen, wie der Gesetzgeber den Begriff 'gewerbsmäßig' in Anbetracht dieser neueren Entwicklungen hätte auslegen wollen."
Der Geschäftsführer der Autovermietung Starcar, Tobias Höpfner, will diese Unsicherheit des Gerichtes nutzen. "Es fehlt eine eindeutige Rechtsprechung in der Sache", sagt Höpfner. Deswegen habe sein Unternehmen eigenen Angaben zufolge Berufung gegen das Urteil eingelegt.
Auch andere Unternehmen der Sharing Economy sind derzeit schwer unter Beschuss - wie etwa der Dienst Uber. Darüber können Privatleute sich und ihr Auto als Taxi anbieten. Hier wird vor Gericht gestritten, ob die strengen Taxifahrer-Regeln auch für Privatchauffeure gelten müssen.