Verrückte Filmwagen Hier parkt der Wahnwitz
Der Oscar für die durchgeknalltesten Fahrzeuge geht an: Michel Gondry. In seinem neuen Film revolutioniert der französische Regisseur mal eben das Autodesign. Seine Prototypen sind echte Traumwagen - allerdings nicht im herkömmlichen Sinn.
Schon im jüngsten Werk von Michel Gondry hatten Autos das gewisse Etwas. In "The Green Hornet" fegen zwei Superhelden in einem 66er Chrysler Imperial durch die Nacht. "Wir wurden gerade geblitzt", bemerkt da der Beifahrer-Superheld, woraufhin sein Partner auf Knopfdruck eine Rakete aus dem Kofferraum zündet und den Blitzkasten wegsprengt.
Gondry mag mit dieser Szene die dunklen Wünsche jedes Autofahrers erfüllt haben - aber so breitbeinig wie in dem Action-Streifen kommt die Filmkunst des Franzosen üblicherweise nicht daher. Die bizarren Vehikel aus seiner neuen Produktion passen da schon eher zu seinem bisherigen Schaffen.
Missgebildete Heckflossen
Beim Anblick der Autos in "Mood Indigo" - so der Arbeitstitel des Films - traut man seinen eigenen Augen nicht. Vorne und hinten scheint es bei den Fahrzeugen nicht zu geben. Wo eigentlich die Frontpartie sein sollte, ist einem Peugeot 205 das Heck eines anderen Kleinwagens angeschweißt. Jetzt hat das Modell zwei Kofferräume, aber keinen Motor. Ein Renault 21 hat neben einigen zusätzlichen Fensterscheiben ein Bullauge verpasst bekommen. Und an einem klapprigen Renault 16 prangen zwei riesige Heckflossen - bloß nicht dort, wo sie hingehören, sondern auf der Motorhaube des Wagens. Verwuchert und verkeilt sehen diese Autos aus, wie Produkte einer Laune der Serienfertigung.
Die Aufnahmen dieser wundersamen Studien stammen vom Filmset in Paris, wo sie von Bloggern der Internetseite theblenheimgang.com geschossen wurden. Andere Bilder zeigen Filmszenen, in denen sich die Darsteller in eine Art Seifenkiste zwängen. Statt auf Rädern holpert ihre Karre aber auf Kreuzen durch die Gegend. Völlig abgedreht ist auch das monströse Panzerfahrzeug, das sich auf 20 Elefantenfüßen fortbewegt. Wie fahrtüchtig diese seltsamen Vehikel sind, wird sich 2013 rausstellen. Dann soll das Werk, eine Verfilmung des Kultbuchs "L'Ecume des jours" ("Der Schaum der Tage") von Boris Vian, in die Kinos kommen.
Schlachtfest am Filmset
Gondry ist mit den handgefertigten Prototypen seinem Stil treu geblieben. Statt aufwendiger Spezialeffekte setzt er meist auf Requisiten, die aussehen, als hätte er sie mit Hilfe eines Kindergartens und einer Horde durchgeknallter Designer selbst gebastelt. In den goldenen Zeiten von MTV brachte er es damit zu erstem Ruhm. Damals, in den neunziger Jahren, drehte er Videoclips für Björk, Massive Attack, die Foo Fighters und die Rolling Stones. Dass die Songs dieser Künstler auf Airplay liefen, lag zu einem Großteil auch an der Visualisierung des Franzosen. Die Filmchen strotzen nur so vor Phantasie und verträumtem Charme.
Die Hirngespinste sind Gondry nicht ausgegangen, so viel verraten die Bilder der zusammengeflickten Youngtimer aus seinem aktuellen Projekt. Allerdings sehen die Aufnahmen vom Filmset nicht danach aus, als könne er wie bei "The Green Hornet" aus einem Budget von rund 120 Millionen Dollar schöpfen. Vielleicht besser so - denn Autoliebhabern dürfte der Fahrzeugverschleiß des 49-Jährigen das Herz zerreißen. Angeblich gingen bei den Dreharbeiten zu dem Actionfilm insgesamt 29 Chrysler Imperial zu Schrott. Dagegen erscheint das Dutzend zersägter französischer Fabrikate aus "Mood Indigo" als Klacks.
cst