Elektromobil Toyota i-Road Kipp, kipp hurra!
Der Toyota i-Road ist eine Reise wert: Selten hat ein Dreirad mit rund fünf PS so viel Spaß gemacht. Im Prinzip kann jeder das Gefährt testen - aber nur in einer bestimmten Stadt.
Freitagmorgen um halb neun in Grenoble: Auf dem Boulevard Maréchal Joffre geht nichts mehr. Es scheint, als seien alle 160.000 Einwohner der französischen Alpenstadt gleichzeitig auf der Straße. Müde und genervt staut sich eine Stadt in den Tag - bis plötzlich Farbe in die graue Blechlawine kommt.
Grell lackierte Kleinstfahrzeuge tanzen durch den Verkehr, flüsterleise und wieselflink fahren sie Kreise um die Autos und flutschen durch die Lücken. Statt über die Drängler zu schimpfen, reagieren Autofahrer und Passanten mit einem Lächeln. 2,35 Meter lang und nur 87 Zentimeter breit sind die Zweisitzer, die erstmals auf der Straße aktiv sind. Gute eineinhalb Jahre nach dem Debüt auf dem Genfer Autosalon beginnt der japanische Hersteller Toyota jetzt in Grenoble mit dem Feldtest des i-Road.
Der 300 Kilo schwere Schmalspurflitzer mit zwei elektrischen Nabenmotoren in den Vorderrädern soll aber nicht nur der Unterhaltung dienen: Der i-Road, so die Vision seiner Entwickler, könnte künftig die Mobilitätsprobleme in Megacitys lösen.
Schlichte Ausstattung, raffinierte Technik
Das Prinzip ist das gleiche wie beim Renault Twizy. Genau wie dieser ist der Schmalhans aus Japan im Grunde eine billige, mit zweimal 2 kW (2,7 PS) ziemlich untermotorisierte Plastikmöhre mit wenig Platz und noch weniger Ausstattung. Während der Fahrer halbwegs bequem hinter dem großen Lenker sitzt, ist der Sozius zwischen Rücklehne und Rückwand regelrecht eingequetscht. Statt einer Lüftung gibt es großzügige Spaltmaße in den mit dünnem Plexiglas verkleideten Türen, die Fenster öffnet man mit einer Art Rolladengurt und schließt sie mit einem magnetischen Druckknopf. Schlichter geht es nicht.
Doch was den Unterschied zwischen Twizy und i-Road ausmacht, ist das Fahrverhalten des eigenwilligen Dreirads aus Japan. Nicht nur, dass das Vehikel vorn angetrieben und hinten gelenkt wird. Nein, es legt sich auch noch wie ein Motorrad in die Kurve. Eine vom Bordcomputer gesteuerte und mit Elektromotoren bestückte Neigetechnik bringt den i-Road gegen die Fliehkraft in Schräglage und balanciert ihn so aus, dass er auch quer zum Hang oder schräg über Bordsteine fahren kann, ohne umzukippen.
Ein Fahrgefühl zwischen Surfbrett und BMX-Rad
Die Technik ermöglicht gleichzeitig einen irrwitzig kleinen Wendekreis von nur drei Metern und ein Fahrgefühl irgendwo zwischen Surfbrett und BMX-Rad. Während sich die Kabine bedrohlich dem Kurveninneren entgegenneigt, schwingt das Heck nach außen. Schon bei Tempo 30 auf dem Boulevard Joffre fühlt das sich nach Driften an. Man ahnt, welchen Fahrspaß dieser Toyota böte, würde die Elektronik nicht bei 45 km/h einen Schlussstrich ziehen. Dafür allerdings darf der i-Road mit Führerscheinklasse S und schon ab 16 Jahren gefahren werden.
So wird die Stadt plötzlich zum Spielplatz. Aus purer Lust an der Schräglage fährt man Schlangenlinien wie ein Promille-Pilot, surft jauchzend durch den Stop-and-go-Verkehr und irritiert die plötzlich ganz nahen Nachbarn im Stau vor der roten Ampel mit einem Dauergrinsen. Man mag einfach nicht aussteigen. Muss man auch nicht so schnell, denn die Energie im Lithium-Ionen-Akku reicht für bis zu 50 Kilometer.
So faszinierend die erste Fahrt mit dem i-Road ist, es bleibt ein höchst exklusives Vergnügen. Denn zu kaufen gibt es das Fahrzeug nicht. "Aber jeder kann ihn fahren", sagt Toyota-Projektleiter Akihiro Yanaka. Da hat er zwar recht - aber nur jeder, der nach Grenoble kommt. Dort sind ab 1. Oktober 35 i-Road-Modelle im Carsharing-Projekt Cite-Lib im Einsatz. Drei Jahre lang sollen Daten und Meinungen gesammelt werden, ehe über die Zukunft der Spaßgranate entschieden wird.
Wie teuer dürfte so ein Mobil wohl sein?
Die wichtigste Frage: Was könnte den Kunden der Spaß einmal wert sein? Der Renault Twizy kostet 6990 Euro - ohne Akku, den man für mindestens 30 Euro pro Monat mieten muss. Der i-Road sei bislang noch zu teuer für eine Serienfertigung, sagt ein Toyota-Sprecher. Die Rede ist von Herstellungskosten auf dem Niveau des Kompaktwagens Auris. "Ich habe nicht das Gefühl, dass wir für den i-Road mehr verlangen können als für ein Auto", sagt Projektleiter Yanaka. "Selbst wenn er natürlich viel mehr Spaß macht."
In Grenoble spielen solche Fragen keine Rolle. Dort ist das Mobil politisch gefördert. Die ersten 15 Minuten kosten drei Euro, eine halbe Stunde fünf Euro und jede weitere Viertelstunde einen Euro. Jedes Karussell auf dem Rummelplatz ist teurer, macht nicht einmal halb so viel Spaß und bringt einen am Ende keinen Meter näher ans Ziel. Der i-Road schon - selbst wenn mal wieder Stau ist auf dem Boulevard Maréchal Joffre.