Verkehrsleitsystem in Toulouse Der Parkplatz, der sich selbst findet
Davon träumen Autofahrer: Per Smartphone werden sie zum freien Parkplatz gelotst. Die Stadt Toulouse macht es möglich - sie experimentiert mit einem innovativen Verkehrsleitsystem, das die Nerven schont und den Spritverbrauch senkt.
10 Uhr morgens am Boulevard Lascrosses unweit der romantischen Altstadt: Während hinter der Metro-Station Menschen Richtung Fußgängerzone spazieren, drängelt sich auf der vierspurigen Straße der Vormittagsverkehr. Schuld an dem Stau sind vor allem jene Autofahrer, die im Schritttempo nach freien Parkplätzen suchen. Doch die sind rar, selbst der Bürgersteig ist an manchen Ecken zugestellt. Entnervte Fahrer hupen, Abgasschwaden verschleiern die Luft.
"Die alltägliche Anarchie", knurrt Alexandre Marciel und stemmt die Fäuste in die Jackentasche, "weil die vorhandenen Stellplätze wieder mal durch Dauerparker belegt sind und die von draußen kommenden Autofahrer auf der Jagd nach Stellplätzen sind."
Das soll bald anders werden. Denn der 37-jährige Vizebürgermeister von Toulouse, seit zwei Jahren zuständig für Verkehr und Stadtreinigung, will mit einem pfiffigen Leitsystem die Autofahrer zu den verfügbaren freien Plätzen dirigieren.
Wie das funktioniert, zeigt ein Feldversuch am Boulevard Lascrosses Nr. 82. Hier sind unter einem halben Dutzend Parkplätzen Sensoren in der Oberfläche versenkt. Die High-Tech-Sonden, angebracht in 25 Zentimeter-Abstand auf einem Koaxialkabel eine Handbreit unter dem Bitumen, erkennen Veränderungen im Magnetfeld und wissen damit, ob die Stelle frei oder belegt ist; sie erkennen zudem das Profil von Lastwagen und Pkw - und registrieren sogar, ob ein Müllcontainer die Parkbucht belegt.
Technik aus der Raumfahrt
"Die Technik stammt aus der Raumfahrt", erklärt Patrick Givanovitch vom Toulouser Unternehmen Lyberta, das die Sensoren zusammen mit dem Nationalen Zentrum für Raumfahrtstudien (CNES) weiterentwickelte und zur Serienreife brachte. "Auf der Venus sollten damit Landeplätze gefunden werden." Für die irdische Odyssee der Parkplatzsucher wurden Hard- und Software umgestaltet - und patentiert. "Wir wissen 'real-time', wo städtischer Parkraum zu Verfügung steht", so der Chef des Start-up-Unternehmens.
Die Informationen werden an einen Server gesendet, der rund 2500 bis 3000 Sensoren erfasst. Die im Sekundentakt aufbereiteten Angaben werden dann an den Benutzer weitergeleitet. Einzige Voraussetzung: ein modernes Smartphone, das die Parkplätze als grüne oder rote Piktogramme auf einer elektronischen Karte dargestellen kann.
In Zukunft sollen die Angaben auch über GPS-Geräte zur Verfügung stehen, so wie jetzt schon Hinweise auf Tankstellen, Krankenhäuser oder Kirchen. "In der Praxis wird das bedeuten, dass der Autofahrer vor Fahrtantritt sein Ziel angibt und sofort sieht, ob dort Parkplätze vorhanden sind: Werden die Stellplätze von anderen Verkehrsteilnehmern besetzt, wird der Autofahrer auf andere, leere Plätze in einem Umkreis von rund 300 Metern hingewiesen", sagt Givanovitch.
- 1. Teil: Der Parkplatz, der sich selbst findet
- 2. Teil: Wie die Stadt von der intelligenten Parkplatzvermittlung profitieren kann