Fahrräder aus Autowracks Es gibt ein Leben nach dem Schrott
Für viele Fahrradfahrer ist klar: Autos gehören abgeschafft. Franciso Cassis ist ebenfalls Vollblutradler, aber anderer Meinung. Der Spanier holt alte Autos zurück auf die Straße. Und zwar als Bicycleds - aus Autowracks recycelte Fahrräder.
Mal angenommen, es herrscht auf den Straßen wirklich Krieg zwischen Fahrradfahrern und Autofahrern: Dann gibt es nun so etwas wie die ultimative Siegestrophäe für die Radler - das Bicyled. Ein Fahrrad aus alten Autoteilen.
"Man kann das Bicycled sowohl als Hommage als auch als Racheakt der Drahtesel an Autos betrachten", sagt Francisco Cassis, der bei der spanischen Agentur Lola Hace als Kreativdirektor für das Projekt verantwortlich ist.
Täglich, so erzählt Cassis, strampeln er und viele seiner Mitarbeiter durch den dichten Verkehr von Madrid. Irgendwann kam ihnen dabei die Idee, Autos wenigstens nach deren Ende sinnvoll zu nutzen, ihnen sozusagen zu einem besseren zweiten Leben zu verhelfen. Also klaubten sie auf einem Schrottplatz alte Autoteile zusammen und trugen sie zu sogenannten Bicicleteros - so heißen in Spanien die passionierten Schrauber, die kleine Fahrradläden betreiben.
Die Bicicleteros fertigten innerhalb von einem Monat den Prototyp eines Bicycled: Der Rahmen ist aus Karosserieteilen geschweißt, der Sattel und die Lenkergriffe wurden aus Leder- und Polsterstücken alter Sitze genäht. Ein Zahnriemen diente als Kette, Blinker als Reflektoren. Und was einst ein Türgriff war, ist nun ein Hebel, um den Sattel zu verstellen. Etwa zur Hälfte besteht das Bicycled aus Autoteilen, sagt Cassis. "Und wir arbeiten daran, dass der Anteil noch wächst".
Auf der Suche nach den schlimmsten Verpestern
Vor wenigen Tagen ist das Projekt im Internet vorgestellt worden, laut Cassis haben sich seitdem mehr als 1500 potentielle Käufer gemeldet. Sie müssen sich offenbar noch gedulden. "Wir haben keinen Schimmer, welchen Preis wir für das Bicycled verlangen sollen", sagt der Projektleiter. Momentan arbeiten sie daran, den unerwarteten Ansturm zu bewältigen und eine Produktion in größerer Serie zu bewerkstelligen.
Trotz größerer Stückzahlen soll die Liebe zum kleinen Detail beim Bicycled erhalten bleiben. Am Laufband lassen sich die Unikate sowieso nicht fertigen. "Das Tolle an diesem Projekt ist ja, dass damit die kleinen Shops der Bicicleteros Zulauf bekommen werden", sagt Cassis. An der Entwicklung weiterer Recyclingräder sind aber auch Industriedesigner beteiligt. "Wir wollen die Kosten möglichst niedrig halten, damit auch viele Bicycleds verkauft werden."
Zumindest an der Rahmenform will man aber erst einmal festhalten. "Mountainbikes oder Rennräder kommen noch nicht in Frage", sagt Cassis, "wir bleiben beim Citybike, schließlich ist das Bicycled ein Symbol für lebenswertere Städte." Spezielle Fahrzeugmodelle hat der Spanier ebenfalls schon vor Augen, wenn er an geeignetes Recyclingmaterial denkt: "Es sollten am besten solche Autos sein, die früher am meisten Abgase in die Luft geblasen haben."
cst