Fahrzeugwracks in Motor City Detroit Auto Horrorshow
Diese Motive haben das Zeug zum Partykiller: Während sich die Autoindustrie in Detroit selbst feiert, erinnert der Fotograf Joshua Lott mit Bildern von verlassenen Schrottkisten an die Krise von Motown.
Willkommen in den Parallelwelten von Detroit: Im frisch renovierten Cobo Center, wo derzeit die Auto Show stattfindet, stehen auf den Messeständen blankpolierte Fahrzeuge, davor jubeln ihre Hersteller über Rekordabsätze. Menschen und Maschinen strahlen bei angenehmer Raumtemperatur um die Wette. Doch draußen ist es kalt, und an vielen Ecken Detroits sind die Autos alles andere als herausgeputzt. Viele haben nicht mal mehr Räder. Zwischen Verzückung und Verzweiflung liegen oft nur ein paar Häuserblocks.
Joshua Lott hat in den vergangenen Tagen beide Welten besucht. Der Fotograf hat sich den Glitzer und das Gedränge der Auto Show angesehen - und streifte dann durch heruntergekommene, ausgestorbene Viertel der Stadt. "Der Kontrast könnte nicht größer sein", sagt er. Die Eindrücke von draußen hat er in einer traurigen Bilderserie dokumentiert.
Motor City im Schwebezustand
Ein völlig verbeulter Plymouth Breeze parkt einsam unter Strommasten, ein ausgeschlachteter Chevrolet Suburban steht mitten auf einem Hinterhof, ein weißer Ford-Van rostet neben einem Bagger vor sich hin. In seiner Karosserie sind kleine Löcher. "Würde mich nicht wundern, wenn die von Pistolenkugeln stammen", sagt Lott.
Auf dem vielleicht eindrucksvollsten Foto ist ein weißer Mustang aus den Sechzigerjahren zu sehen. Sein Hersteller Ford zählt neben Chrysler und General Motors zu den Big Three: jenem Trio von Autobauern, das die Fahrzeugindustrie der USA groß gemacht hat und traditionell in Detroit angesiedelt war. Ihm verdankt die Stadt den Titel Motor City.
Doch dem Mustang auf dem Bild fehlen die Räder, er ist aufgebockt und fährt nirgendwo mehr hin. Auf den ersten Blick scheint er zu schweben. Ein Sinnbild für Detroit, denn die ganze Stadt befindet sich im Schwebezustand. Lott wohnt seit eineinhalb Jahren hier, er kam just zu der Zeit, als Motown pleiteging. "Ich habe zwar einige Motive für meine Bilderstrecke gefunden", sagt er. "Aber eigentlich hätte ich mehr Autowracks in der Stadt erwartet. Es gibt schließlich auch so viele Häuser, die komplett leer stehen."
Die Hauptstadt des Ruin Porn
Es ist ja nicht so, dass Lott als Erster den Niedergang Detroits dokumentiert hätte. Seit die Stadt in der Krise steckt und die Einwohner vor der Arbeitslosigkeit fliehen, gibt es eine wahre Schwemme an Fotos heruntergekommener Gebäude. Detroit sei die Welthauptstadt des "Ruin Porn", stellte die "New York Times" mal fest. Der 35-jährige Fotograf ist nach eigenen Angaben aus Phoenix, Arizona, in den US-Bundesstaat Michigan gezogen, weil einige seiner Auftraggeber in der Umgebung sitzen und Detroit nicht weit entfernt von seiner Heimatstadt Chicago liegt.
"Ich glaube, dass Detroit seinen Tiefpunkt überwunden hat und es jetzt langsam aufwärts geht", sagt Lott. Dazu seien jedoch noch eine Menge Investitionen nötig. "Einige Gegenden, wie zum Beispiel Downtown, sind sehr lebendig. Aber außerhalb des Zentrums fühlt sich die Stadt oft tot an."
Dieses Gefühl spiegelt sich auch in seinen Fotos wider. Es ist auffällig, dass auf keinem der Bilder auch nur eine einzige Menschenseele zu erahnen ist. Natürlich sollte der Fokus auf den Autos liegen, sagt Lott. Aber dass die Szenen wie ausgestorben wirken, ergab sich von selbst. "Wenn auf den Fotos Leute hätten auftauchen sollen, hätte ich pro Bild drei Stunden warten müssen."