Umfrage Deutsche sind beim Arzt immer selbstbewusster
Halbgott in Weiß? Das war einmal. Eine neue Umfrage zeigt, dass die Deutschen heute genauer von Medizinern informiert werden wollen. Alarmierend ist die schlechte Pflegevorsorge.
Die deutschen Bürger gelten als Weltmeister im Nörgeln. Was ihr Gesundheitssystem angeht, sind viele jedoch sehr zufrieden. Das geht aus einer bevölkerungsrepräsentativen Umfrage hervor, die Forsa im Auftrag der Techniker Krankenkasse durchgeführt hat und die jetzt in Berlin vorgestellt wurde. Die 2000 Befragten lobten ihre Ärzte, sprachen sich für die Solidarität des Systems aus und zeigten sich selbstkritisch, vor allem die Männer.
Sieben Ergebnisse der Befragung im Überblick:
1. Gute Noten fürs System
Je gesünder die Deutschen sind, desto besser finden sie die Versorgung - die aktuellen Ergebnisse sprechen also auch für die Gesundheit der Menschen hierzulande. Drei von vier Befragten erklärten, dass sie mit dem Gesundheitssystem zufrieden oder sogar sehr zufrieden sind. Noch vor zehn Jahren sah noch nicht einmal jeder Zweite das System so positiv.
2. Ein Hoch auf die Solidarität
Während sich die Amerikaner über ein solidarischeres Gesundheitssystem streiten, setzen die gesetzlichen Krankenversicherungen in Deutschland seit Jahrzehnten auf den sozialen Zusammenhalt. In der Not steht der eine Versicherte finanziell für den anderen ein. Weit mehr als 80 Prozent der Befragten gaben an, dass sie diese Idee des Solidaritätsgedankens gut finden. Allerdings wäre nur jeder Zweite bereit, dafür in Zukunft auch mehr Beiträge zu akzeptieren.
3. Qualität hat ihren Preis
Die Gesellschaft altert, das wird das Gesundheitssystem immer weiter belasten. Trotzdem bleiben die Befragten optimistisch: 66 Prozent glauben, dass das Gesundheitssystem weiterhin seinen Aufgaben gewachsen sein wird. Allerdings zweifelt mehr als jeder Zweite daran, dass sich das System in seiner heutigen Form auch in Zukunft finanzieren lässt. Die große Mehrheit glaubt, dass die Krankenkassenbeiträge steigen werden. Vor allem für den medizinischen Fortschritt sind viele aber auch bereit, mehr zu bezahlen.
4. Krankenschwester statt Landarzt
Wer auf dem Land lebt, ist schlechter versorgt und unzufriedener - das zeigt auch die aktuelle Umfrage. Sie bietet jedoch eine Lösung für zumindest einen Teil der Probleme: Drei von vier Befragten fänden es gut, wenn medizinisches Personal wie Krankenpfleger und -schwestern mehr Aufgaben übernehmen könnten, um Landärzte zu entlasten. Dazu könnte es etwa gehören, Patienten bei Kuranträgen zu unterstützen oder bei chronisch Kranken Routinekontrollen durchzuführen.
5. Geschäft mit den Selbstzahlern
Manche Leistungen bezahlen gesetzliche Krankenversicherungen nicht, die Patienten können sie aber auf eigene Rechnung durchführen lassen. Mehr als jedem Zweiten hat ein Arzt schon einmal eine solche IGeL-Leistung angeboten, drei von vier Befragten nutzten die Möglichkeit. Interessant dabei: Gesunde setzen häufiger auf IGeL-Leistungen als Kranke. Grundsätzlich gewinnen die Deutschen beim Arztbesuch jedoch immer mehr Selbstbewusstsein. Fast alle Patienten wollen mit ihrem Arzt über ihre Behandlung entscheiden und bitten um ausführliche Informationen zu Diagnoseergebnissen und Behandlungsalternativen. Der "Halbgott in Weiß" war gestern.
6. Selbstkritische Männer
Ich müsste eigentlich mehr Sport machen, aber... Diesen Satz hat wahrscheinlich jeder schon einmal ausgesprochen, für manche gehört er zum Alltagsrepertoire. Sieben von zehn Deutschen denken, dass sie mehr für ihre Gesundheit tun müssten. Dabei sind die Männer noch selbstkritischer als die Frauen. Grundsätzlich gaben acht von zehn Befragten an, keinen oder kaum Alkohol zu trinken; mehr als sieben von zehn Befragten bemühen sich um eine ausgewogene Ernährung.
7. Verdrängte Pflege
Das Problembewusstsein ist da, eine Lösung allerdings suchen die wenigsten: Obwohl die meisten wissen, dass die gesetzliche Pflegeversicherung nicht die kompletten Pflegekosten übernimmt, haben sich nur 38 Prozent um eine zusätzliche private Absicherung gekümmert. Außerdem unterschätzt jeder Dritte die Kosten. Für einen Platz in einer Pflegeeinrichtung zahlen Menschen mit der höchsten Pflegestufe aktuell durchschnittlich 3300 Euro im Monat. Die gesetzliche Pflegeversicherung übernimmt davon pauschal 1550 Euro.
irb