Kater nach Silvester Von Kuss-Karl und anderen Peinlichkeiten
Alkohol macht übermütig. Und der Preis für das Hochgefühl der Silvesternacht ist das Stimmungstief am Tag danach. Aber Kopf hoch: Wenn die Botenstoffe im Gehirn wieder aufgefüllt sind, ist vieles nicht mehr so peinlich, wie es im Kater erscheint.
Unter Alkohol macht man den größten Unsinn. Manches davon ist gefährlich, hier soll es aber um die peinlichen Begebenheiten gehen. Die können danach furchtbar lustig sein - wenn man nicht selbst die Hauptfigur war. Mein Bekannter Karl etwa hatte gerade die langersehnte Festanstellung bekommen - da traf es sich gut, dass ein paar Tage später die Weihnachtsfeier anstand, bei der darauf angestoßen werden sollte.
Die meisten Kollegen kannte Karl schon seit Jahren. Allerdings kannten sie noch nicht seine Eigenart, nach einigen Bieren nahestehende Personen abzuknutschen. Das hatte nichts mit Annäherungsversuchen zu tun, denn betroffen waren trotz seiner heterosexuellen Neigung ausschließlich heterosexuelle Männer.
Was bei Freunden schon zu Fluchtreflexen führte, verwirrte die neuen Kollegen sehr. Auf Fotos von der Feier sind ihre entgeisterten, ja angstvollen Blicke zu sehen. Das hielt Karl aber nicht davon ab, weiter zu küssen oder es zumindest zu versuchen. Und Verständnis konnte er schon gar nicht zeigen für Menschen, die sich ihm entziehen wollten. Er bezichtigte sie vielmehr, nicht an guter Zusammenarbeit interessiert zu sein. Am Ende übernachtete er unter seinem neuen Schreibtisch.
"Was sollten die von mir denken?!"
Ich kenne das Gefühl, am Tag nach einer Feier im Boden versinken zu wollen. In meinem Lieblingsclub habe ich einmal die drei Bewohner und Bewohnerinnen einer Wohngemeinschaft kennengelernt - sehr sympathisch. Wir gaben uns Drinks aus, wir tanzten, ich lud die drei zu meiner Geburtstagsparty ein.
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Ich wachte auf, als die Bewohnerin des Zimmers mich anschrie. "Unfassbare Frechheit", oder sowas in die Richtung. Ich fand das in dem Moment spießig, sagte das auch, packte meine Jacke und ging, ohne mich zu verabschieden. Am nächsten Tag drückte mich diese Begebenheit so nieder, dass ich gar nicht mehr aufstehen wollte. Was sollten die von mir denken?! Ich rief einen Freund an und erzählte ihm die Geschichte. Er lachte sehr. Ich dagegen fand das alles gar nicht lustig und hatte Angst, jemanden aus der WG wieder zu treffen.
Die beste Peinlichkeits-Prophylaxe
Ich trinke seitdem weniger, das ist die beste Peinlichkeits-Prophylaxe und außerdem gesünder (mehr über die Folgen von Alkohol für das Gehirn lesen Sie hier). Leider bewahrt einen auch das nicht vollends vor einem schlechten Gefühl am Tag nach einer Feier. Monate später erwachte ich morgens - und mir fiel sofort ein, dass ich Maria getroffen hatte. Verdammt, warum hatte ich ihr nur erzählen müssen, dass ich sie unglaublich toll fand, als ich sie das erste Mal gesehen hatte? Ich will gar nichts von ihr, außerdem kenne ich ihren Freund gut (Ihre Antwort: "Ich muss mal eben zur Toilette."). Drei Bier hatten gereicht, um mich auf diese tolle Idee zu bringen. Vollkommen sinnlos, peinlich. "Aaah" - ich hörte mich laut stöhnen, jetzt am Tag danach.
Dabei - was war passiert? Wem hatte ich geschadet? Das konnte Maria doch höchstens als Kompliment aufgefasst haben und Komplimente hört man doch gern, sagte ich mir. Aber mir ging es schlecht, schlecht, schlecht. Mühsam versuchte ich mit meinem Verstand dagegen zu arbeiten. Aber es funktionierte nicht. Ich bekam eine Ahnung davon, wie es sein muss, in einem Stimmungstief zu sein und nicht mehr herauszukommen.
Der beliebte Kuss-Karl
Für jedes Hochgefühl muss man bezahlen. In der Nacht zuvor war ich unter Alkoholeinfluss euphorisch und redselig. Dabei hatte mein Gehirn wohl eine Menge Botenstoffe ausgeschüttet, die für gute Laune gesorgt hatten. Heute fehlten mir diese Neurotransmitter. Außerdem hatte der Alkohol bewirkt, dass ich nicht mehr wahrgenommen hatte, wie das, was ich gesagt hatte, bei anderen Menschen angekommen war. Das machte mich unsicher - und ließ mich gerade jetzt nur das Schlimmste befürchten.
Nur eines beruhigte mich: Ich wusste, morgen würde diese Postalkoholdepression vorbei sein. Übrigens: Die WG, bei der ich mich so dreist ins Bett gelegt hatte, erschien später vollzählig auf meiner Geburtstagfeier. "War doch ein super Abend!", sagten sie. "Ihr seid nicht sauer, weil ich mich einfach in ein Bett gelegt habe?", fragte ich etwas ungläubig. "Nein, das war doch wirklich lustig!" Ich war wahnsinnig erleichtert.
Kuss-Karl ist heute einer der besten und beliebtesten Mitarbeiter seiner Firma. Was einem am Tag nach der Party unfassbar peinlich vorkommt, ist meistens doch gar nicht so schlimm.
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