Studie Moderne Abtreibungen mindern Risiko für spätere Frühgeburt
Erst Abtreibung - dann Frühgeburt: Ließ eine Mutter früher ihr Kind abtreiben, musste sie bei einer späteren Schwangerschaft mit einem erhöhten Risiko für ein Frühchen rechnen. Heute ist das Problem möglicherweise gebannt, zeigt eine aktuelle Studie.
Die Entscheidung für oder gegen eine Abtreibung müssen sich Frauen reichlich überlegen, das Gesetz schreibt in Deutschland sogar eine Beratung vor. Eine Sorge aber können die Frauen in Zukunft auslassen: Eine Abtreibung erhöht nicht das Risiko, das Kind einer späteren, erneuten Schwangerschaft zu früh zur Welt zu bringen. Dies gilt offenbar zumindest, wenn die Behandlung nach modernen medizinischen Methoden erfolgt ist, wie eine Studie zeigt, die jetzt im Fachjournal "PLOS Medicine" veröffentlicht wurde.
Für ihre Untersuchung hatten die Forscher um Gordon Smith von der Cambridge University Daten über Abtreibungen und Schwangerschaften in Schottland ausgewertet, insgesamt beschäftigten sie sich mit Fällen aus drei Jahrzehnten. Den Ergebnissen zufolge erhöhte eine Abtreibung noch in den achtziger Jahren das Risiko erheblich, bei einer späteren Schwangerschaft das Kind zu früh zur Welt zu bringen. Diese Gefahr sei inzwischen verschwunden - offenbar durch den Fortschritt moderner Abtreibungsmethoden, so das Fazit der Wissenschaftler.
Daten von mehr als 700.000 Geburten
Die Forscher analysierten für die Studie die Daten von insgesamt 732.719 erstgeborenen Kindern, die zwischen 1980 und 2008 zur Welt gekommen waren. Dabei stellte sich heraus, dass zwischen 1980 und 1983 das Risiko einer Frühgeburt bei Frauen mit einem früheren Schwangerschaftsabbruch um mehr als 30 Prozent höher lag als bei anderen werdenden Müttern. Bis in die neunziger Jahre nahm das Risiko auf zehn bis 20 Prozent ab. Von 2000 an konnten die Forscher keine erhöhte Gefahr mehr feststellen.
Die Autoren der Studie vermuten, dass das gesteigerte Risiko einer späteren Frühgeburt vor allem die Nebenwirkung einer rein chirurgischen Abtreibung ist, bei der keine Medikamente eingesetzt werden. Zwischen 1992 und 2008 sank laut ihrer Untersuchung in Schottland der Anteil von rein operativ vorgenommenen Abtreibungen von 31 Prozent auf 0,4 Prozent. Zugleich stieg der Anteil rein medikamentöser Schwangerschaftsabbrüche, die komplett ohne einen chirurgischen Eingriff auskommen, von 18 auf 68 Prozent.
Einen direkten Nachweis für die Verbindung zwischen der Abbruchmethode und der späteren Frühgeburt konnten die Forscher allerdings nach eigenen Angaben nicht liefern. Dafür fehlten ihnen in den einzelnen Fällen die Daten über die Abtreibungsverfahren, die bei den jeweiligen Frauen angewendet worden waren. Die Autoren der Studie sind sich jedoch sicher, dass die weltweite Modernisierung von Abtreibungsmethoden "eine effektive Langzeitstrategie sein kann, um künftig die Quoten von Frühgeburten zu reduzieren".
Eins zu eins auf Deutschland übertragen lassen sich die Daten allerdings nicht: Von 106.815 Schwangerschaftsabbrüchen im Jahr 2012 wurden laut Statistischem Bundesamt nur etwas mehr als 20.000 medikamentös durchgeführt. Am häufigsten - mehr als 74.000-mal - nutzten deutsche Frauenärzte die Vakuumaspiration. Bei der Methode saugt der Mediziner mit einem dünnen Röhrchen die Schleimhaut und Fruchtblase ab, sie ist laut Profamilia die schonendste Variante des instrumentellen Abbruchs.
irb/AFP