Plagiatsvorwurf Darum geht es in von der Leyens Doktorarbeit
"Die Arbeit war damals inhaltlich neu und relevant": Ein Mediziner lobt die Promotion von Ursula von der Leyen - trotz der aktuellen Plagiatsvorwürfe. Aber wovon handelt sie eigentlich?
"C-reaktives Protein als diagnostischer Parameter zur Erfassung eines Amnioninfektionssyndroms bei vorzeitigem Blasensprung und therapeutischem Entspannungsbad in der Geburtsvorbereitung" - so lautet der Titel der Doktorarbeit von Ursula von der Leyen. 1990 wurde sie veröffentlicht. Jetzt werfen Plagiatsjäger der Ministerin vor, sie habe abgeschrieben. Aber worum geht es in der Arbeit eigentlich?
Zusammengefasst geht es um eine Hilfestellung bei der Frage, ob nach einem frühzeitigen Platzen der Fruchtblase ein Notfall vorliegt oder nicht.
Frank Louwen vom Uniklinikum Frankfurt erklärt es so: "Kommt es zum Blasensprung, bevor die Wehen einsetzen oder bevor die 38. Schwangerschaftswoche erreicht ist, müssen Ärzte schnell zwei mögliche Fälle unterscheiden:
- Passiert das aufgrund einer Infektion? Dann ist Eile geboten, möglicherweise auch ein Kaiserschnitt.
- Liegt keine Infektion vor? Dann kann die Frau eine normale Geburt erleben, eventuell auch in einer Geburtswanne, wie in der Arbeit beschrieben."
Das im Titel genannte Amnioninfektionssyndrom (AIS) bezeichnet eine bakterielle Besiedlung von Plazenta, Fruchtwasser, Eihäuten oder eine Infektion des Kindes. Dies ist ein Notfall, weil dem Neugeborenen im schlimmsten Fall eine lebensbedrohliche Sepsis (Blutvergiftung) droht.
Bei einer von fünf Schwangeren mit vorzeitigem Blasensprung liege ein AIS vor, heißt es im Fachbuch "Infektionserkrankungen der Schwangeren und des Neugeborenen".
Das C-reaktive Protein (CRP) zeigt an, ob im Körper eine Entzündung vorliegt, es ist dabei ein unspezifischer Marker - es kennzeichnet nicht speziell das Amnioninfektionssyndrom, sondern Infektionen per se.
"Man ist erst Mitte der Achtziger auf die Idee gekommen, bei Frauen mit vorzeitigem Blasensprung das C-reaktive Protein zu messen", sagt Louwen, der im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe sitzt. CRP werde in den meisten Kliniken auch heute noch gemessen, wenn Frauen einen vorzeitigen Blasensprung hätten. Nach einem frühzeitigen Platzen der Fruchtblase wird es regelmäßig ermittelt, um zu kontrollieren, ob sich ein AIS entwickelt - das Risiko steigt nach dem Blasensprung.
"Die Arbeit war damals inhaltlich neu und relevant. Das Ergebnis der Doktorarbeit ist sogar in die Leitlinien aufgenommen worden", sagt Louwen.
wbr