Jeden Tag länger im Büro Warum Arbeit nicht ohne Überstunden geht
Viele Menschen bleiben regelmäßig länger im Büro und bekommen die Überstunden weder bezahlt noch durch Freizeit ersetzt. Das geht auch gar nicht anders. Denn zwischen 9 und 5 Uhr halten sich alle gegenseitig von der Arbeit ab.
Wie ist das eigentlich bei dir mit den Überstunden? Bist du auch so jemand, der einen ganzen Berg davon vor sich herschiebt? Und wirst du immer wieder ermahnt, diesen Berg "abzubauen"?
Das klingt nach: "Machen Sie mal Pause, Sie Arbeitstier. Nehmen Sie sich einfach mal ein paar Tage, Wochen oder Jahre frei und genießen Sie das Leben. Ihre Kollegen wuppen das Ding inzwischen alleine. Und wenn Sie wiederkommen, dann lassen Sie es mal langsam angehen."
So ist es aber gar nicht gemeint. Du sollst gar nicht weniger arbeiten. Du sollst auch nicht deine Kollegen für dich einspannen. Die drehen genauso am Rad wie du und schaffen nicht mal ihre eigene Arbeit. Und wenn doch, dann müssen sie erst mal aushelfen und die vertreten, die gerade krankgeschrieben sind.
Die einzigen Kollegen, die unbeschäftigt herumsitzen, haben innerlich gekündigt und kommen eigentlich nur noch zur Arbeit, um schlechte Laune zu verbreiten. Keine gute Idee, sich von denen vertreten zu lassen. Dann kannst du hinterher die Trümmer zusammenkehren und ganz von vorne anfangen. Und dazu brauchst du dann erst recht Überstunden.
Aber nein, es geht ja eigentlich um etwas ganz anderes. Deine Leistung sollst du gar nicht zurückfahren. Du sollst einfach nur deine doofen Überstunden loswerden. Wie du das machst, das bleibt dir überlassen. Du könntest zum Beispiel schneller arbeiten, doch genauso gründlich. Jeder weiß zwar, dass das nicht geht, aber du kannst ja mal drüber nachdenken.
Oder du machst einfach weniger Pausen. Redest nicht mehr mit deinen Kollegen. Dann reden sie auch nicht mehr mit dir, und ihr spart gemeinsam Zeit. Und wenn das nicht ausreicht, dann gibt es da noch eine kleine Hintertür: Du arbeitest einfach so, wie es dir passt, in deinem Tempo, ohne dass irgendjemand herummotzt. Du häufst so viele Überstunden an, wie du willst - und wirst sogar noch gelobt. Denn du sorgst dafür, dass diese Überstunden nirgendwo auftauchen. Es sind deine Überstunden. Und die gehen niemanden sonst etwas an.

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Vielleicht gibt es ein Zeiterfassungssystem, eine Art Stechuhr, mit der kontrolliert wird, wie lange du an deinem Arbeitsplatz bist. Du musst dich mit deinem Ausweis anmelden, wenn du zur Arbeit kommst, und dich abmelden, wenn du wieder gehst. Nun, es gibt Mittel und Wege, das System auszutricksen. Du kannst dich "ausstempeln", wie man früher sagte, und dich als "Besucher" wieder anmelden. Frag mal deine Kollegen. Die wissen bestimmt, wie das geht.
Oder du nimmst dir Arbeit mit nach Hause. Das soll man zwar nicht machen, aber es muss ja niemand wissen. Zu Hause bist du ungestört. Zumindest im Vergleich mit der Legebatterie von Großraumbüro, in dem du arbeitest. Zu Hause kannst du dir die ganze Nacht um die Ohren schlagen, ohne dass eine einzige Überstunde anfällt und dein Chef Ärger macht. Bei manchen klappt das so gut, dass sie am nächsten Morgen ihre Arbeit gar nicht ins Büro mitnehmen, sondern sie gleich zu Hause lassen, um sie nach Feierabend in aller Ruhe fertigzustellen.
Im Büro geht es ja meist sowieso drunter und drüber. Ständig wirst du unterbrochen und gestört, von Kollegen, Kunden und Vorgesetzten, die nachschauen, ob alle schön fleißig sind. Dauernd will jemand was von dir. Du sollst zu diesem etwas sagen und zu jenem, irgendjemanden raushauen, der gerade wieder etwas verbockt hat, du musst über alle Vollidioten deiner Abteilung ablästern, alle paar Minuten Kaffeepausen machen oder an Besprechungen teilnehmen. Alle sind vollkommen damit beschäftigt, sich gegenseitig von der Arbeit abzuhalten. Während der normalen Arbeitszeiten ist nicht daran zu denken, dass du irgendwas geschafft kriegst.
Jetzt fragst du dich vielleicht, warum man diesen nervtötenden Part nicht einfach weglässt und du nicht gleich mit den Überstunden anfangen darfst. Wenn dann noch Zeit übrig ist, ja, dann kannst du auch mal zu den regulären Arbeitszeiten vorbeischauen, deine Kollegen stören und geschäftig tun. Du musst zugeben, das klingt sehr vernünftig. Doch hat die Sache einen Haken. Du darfst nicht vergessen, warum man dich in deinen Überstunden in Ruhe lässt: Weil sie nichts kosten.