Marsala-Mousse-Rezept Mikro-Klöße statt Miro Klose
Gomez oder Klose? Wir überlassen diese Frage ganz gelassen dem Bundestrainer und nehmen lieber zwei Klößchen. Mikrowelle auf für Mousse aus Marsala und weißer Schokolade! Dazu gibt es Rhabarber und Balsamico-Himbeeren.
In den USA finden Käufer von selbst langjährig bewohnten Häusern die Backherde in den Einbauküchen oft völlig unbenutzt vor. Dagegen betreiben 95 Prozent der Haushalte täglich das Mikrowellengerät. Beliebtestes Gericht daraus: Popcorn. Dieser Text könnte hier enden, wer will sich im alten Europa schon so ernähren? Trotzdem kann es nicht schaden zu wissen, wie diese Kiste funktioniert. Damit aus der Mikro kein Makroproblem wird.
Garen mit Magnetfeldern ist eine vergleichsweise junge Nahrungszubereitungsstrategie: Der Effekt, dass den Soldaten an Radarüberwachungsanlagen in den vierziger Jahren die Schokolade in den Hosentaschen schmolz, wurde zunächst damit abgetan, dass das halt richtig heiße Jungs seien. Erst Jahre später begriffen US-Forscher, dass das Magnetron, also der Radarstrahlengenerator, elektromagnetische Wellen erzeugt, die Gegenstände in der nahen Umgebung erwärmen können. Dafür müssen diese Dinge allerdings dipolare Molekülbindungen haben - Wasser, Fett oder Öle werden heiß, Materie mit ionischen Bindungen wie Metall oder Keramik bleibt kalt.
Die Tauglichkeit dieser Technik für den Küchenbereich wurde schnell erkannt. Nach den ersten Riesen-Schränken mit 3.000 Watt Leistung (für Großküchen und Flugzeug-Catering) sorgten ab Mitte der sechziger Jahre zunächst in den USA und mit einiger Verspätung auch im Rest der Welt handlichere Küchen-Mikros für den Durchbruch dieser Koch-Technologie, durch die der Siegeszug der Fertiggerichte erst möglich wurde.
Das Magnetron erzeugt elektromagnetische Wellen mit ähnlichen Frequenzen wie Handynetze und einige WLAN-Geräte, freilich ungleich energiereichere. Wer glaubt, seine Dosensuppe mal schnell mit dem iPhone heiß machen zu können, sollte einen großen Freundeskreis haben - ein Handy darf mit maximal 2 Watt senden, es müssten sich also schon 200 Telefonierer um den Pichelsteiner scharen.
Und selbst dann bleibt die Dose kalt. Mikrowellen können Metall nicht durchdringen, sie werden reflektiert. Für die Flugüberwachung ist das prima, denn sonst würde man auf dem Radarschirm nichts sehen. Den hungrigen Essensheißmacher dagegen nervt dieser Effekt zunächst, muss der überzeugte Fastfoodie doch seine Dosenravioli erst mal umständlich in eine geeignete Plastikschüssel umfüllen. Andererseits würde es ohne die Reflexion keine Mikrowellenherde geben, denn der Gar-Raum dieser Öfen ist nicht nur metallisch abgeschirmt, um keine Strahlung herauszulassen, sondern auch, um die Wellen an den Innenwänden vielfach zu reflektieren und dadurch überall im Ofen wirksam werden zu lassen.
Vogelwildes Molekülgewühl
Schließlich wird hier das Essen nur deshalb warm, weil seine Moleküle dauernd versuchen, sich nach dem elektromagnetischen Wechselfeld auszurichten. Das schaffen sie natürlich nicht, weswegen als dielektrischer Verlust Wärme entsteht. Am schnellsten kommen bei diesem Tanz Wassermoleküle ins Schwitzen. Deshalb erlebt man auch eine böse Überraschung, wenn man in der Mikro ein Brötchen vom Vortag aufbacken will. Es ist außen schon etwas trocken, deshalb wirkt die Erhitzung innen, wo noch mehr Wasser im Teig steckt, am stärksten. Nach ein paar Minuten sieht die Stulle außen ganz brauchbar aus. Aufschneiden lässt sie sich aber kaum - das Innere ist zu einem schwarzen Klumpen verbacken.
Für ernsthafte Kochschaffende liest sich das alles eher nach Pillepallespielzeug aus der Barbiepuppenküche. Dennoch kann diese Technologie, in deren Tücken wir kommende Woche im zweiten Teil des Magneto-Kapitels noch ein wenig tiefer eintauchen wollen, im täglichen Küchenstress ein willkommener, weil schneller und vor allem sehr exakt einzustellender Erhitzungshelfer sein.
Bei unserem heutigen Dessert-Rezept für "Marsala-Mikrowellenmousse mit Rhabarber und Balsamico-Himbeeren" benutzen wir die Magnetkiste weniger zum Zubereiten des ganzen Gerichtes, sondern als flotte Zuarbeit-Maschine bei der Herstellung von Zwischenprodukten: Wir zerlassen die weiße Schokolade in der Mikro so gezielt, dass nichts anbrennt, schmelzen in Windeseile die Gelatine, reduzieren den Marsala um ein Drittel und bereiten schließlich das Erdbeer-Rhabarber-Kompott im Handstreich zu. Um die langen Gelier- und Abkühl-Zeiten kommen wir natürlich auch mit dem munteren Wellenreiten nicht herum, aber bei den Vorarbeiten sparen wir im Vergleich zur sonst üblichen Arbeit an der Herdplatte locker eine Viertelstunde.
Die nutzen wir dann, um schon mal von dem leckeren Hauptgericht zu träumen, das wir im nächsten Kapitel auf das Radar bekommen: Wir kochen ein komplettes Kokowääh in der Mikro.
- 1. Teil: Mikro-Klöße statt Miro Klose
- 2. Teil: Rezept für Marsala-Mikrowellenmousse mit Rhabarber und Balsamico-Himbeeren (Dessert für 4 Personen)