Medienkrise Deutsches "Wall Street Journal" wird eingestellt
Knapp drei Jahre nach dem Start ist schon wieder Schluss: Der Verlag Dow Jones schließt den deutschsprachigen Ableger des "Wall Street Journals".
Hamburg - Schlechte Nachrichten für die deutschen Wirtschaftsmedien: Der US-Verlag Dow Jones will offenbar das "Wall Street Journal Deutschland" einstellen. Zum Jahresende soll beim deutschsprachigen Online-Ableger Schluss sein. "In Europa schließen wir die deutschsprachige Website und unseren Service in türkischer Sprache", teilte Gerard Baker, Chefredakteur des "Wall Street Journal", Mitarbeitern in einer internen E-Mail mit. Insgesamt sollen 50 bis 60 Arbeitsplätze wegfallen.
WSJ-Deutschland-Chefredakteur Ralf Drescher sagte dem Branchendienst Newsroom zu der Entscheidung: "Ich bin sehr traurig". Dow-Jones-Chef William Lewis erklärte in einem Memo an die Belegschaft, dass beide Angebote nicht zum Kerngeschäft zählten, auf das sich das Unternehmen künftig konzentrieren wolle. "Die Entscheidungen waren nicht leicht", heißt es in der Erklärung.
Die deutschsprachige Seite des WJS war im Januar 2012 mit großen Ambitionen online gegangen. Doch der Erfolg bei den Lesern blieb aus. Im Januar dieses Jahres verzeichnete die Seite zum ersten Mal mehr als eine Millionen Visits, wie der Branchendienst Meedia berichtete. In den Folgemonaten blieb es demnach jedoch bei 700.000 bis rund 900.000 Visits. Ab Juni lagen keine Zahlen mehr vor, weil sich WSJ nicht mehr an einem neuen Messverfahren beteiligte. Zum Vergleich: Die Wirtschaftsmedien-Konkurrenten von Handelsblatt, manager magazin und WirtschaftsWoche liegen derzeit bei 18,8 Millionen beziehungsweise 6,9 und 4,3 Millionen Visits.
Künftig will sich der Verlag demnach jedoch wieder auf seine Kerngeschäfte in den USA konzentrieren. Die Nachrichtenbüros in Deutschland und der Türkei sollen erhalten bleiben. Beim amerikanischen Mutterhaus sollen noch weitere Geschäftsbereiche eingespart werden, unter anderem die klassischen Radiodienste.
brk/dpa