Hollywood-Film "Love and Other Drugs" Wenn Busen und Bizeps auf die Nerven gehen
Da helfen auch zwei der schönsten Hollywood-Stars nicht: In dem Melodram "Love and Other Drugs" kämpfen Anne Hathaway und Jake Gyllenhaal gegen Pharmaindustrie, Potenzpillen-Probleme und Parkinson-Krankheit - und machen manches an der kruden Lovestory noch schlimmer.
In dieser Woche starten gleich vier interessante Filme - mit durchaus unterschiedlichen Qualitäten. Der erste ist eine Wirtschaftssatire, die die Pharmaindustrie in den USA in all ihren grotesken Facetten bloßstellt. Aufgekratzte Vertreter fallen hier über Krankenhäuser, Ärzte und Patienten her und bedrängen sie derartig mit Gratisproben, Werbegeschenken und falschen Schmeicheleien, dass keiner mehr glauben mag, hier gehe es noch um das Wohl irgendeines Menschen. Im Stile von "Thank You For Smoking" oder "Up in the Air" wird das mit Biss, aber auch viel Sinn für Tragikomik erzählt.
Der zweite Film erzählt von der Markteinführung von Viagra - ein historischer Moment, der nur 13 Jahre zurückliegt. Was heißt es für Männer, wenn ihre Potenz ein medizinisches Anwendungsgebiet unter vielen wird? Bringt das nur Erleichterung mit sich oder entsteht neuer Leistungsdruck? Wie verändert sich das Reden über Sex, wenn Erektionsstörungen plötzlich in der Werbung behandelt werden? Lockern sich Konventionen oder erobert der Kommerz nun auch die Schlafzimmer? Diese wichtigen Fragen wirft der Film auf, findet aber letztlich nicht den Tiefgang, um interessante Antworten anzubieten.
Der dritte - und interessanteste - Film erzählt von der Parkinson-Krankheit aus der Perspektive einer jungen Patientin. Die Frau leidet bereits unter regelmäßigen, wenn auch schwachen, Schüben, als sie ihren zukünftigen Liebhaber kennenlernt. Der glaubt zunächst, er müsse sich heute noch nicht mit dem Leid von morgen beschäftigen. Als er erkennt, dass er damit einen wichtigen Teil des Lebens seiner Freundin negiert, verkehrt sich seine Haltung ins Gegenteil. Mit manischem Eifer stürzt er sich in die Suche nach dem besten Arzt und der effektivsten Behandlung, während seiner Freundin sein Einsatz immer ungeheurer wird. Kann man Leid wirklich teilen? Oder ist der Kranke letztlich immer allein mit seinem Schicksal? Mit großem Gespür für Nuancen folgt der Film dem Paar in Behandlungsräume und auf Parkinson-Konferenzen und beobachtet, wie die Fixierung auf die Krankheit die Beziehung langsam, aber sicher von innen auffrisst.
Ta-dah, vielschichtiges Drehbuch fertig!
Die größte Enttäuschung ist der vierte Neustart - eine herkömmliche romantische Komödie, in der die Hollywood-Stars Jake Gyllenhaal ("Brokeback Mountain") und Anne Hathaway ("Der Teufel trägt Prada") ein hyperattraktives Pärchen abgeben. Sie werden als Gegensätze, die sich trotzdem anziehen, positioniert: Er ist ein Macho-Business-Mann im Anzug, sie eine empfindsame Künstlerin in Latzhose. Einige ausführlichere Sex-Szenen, bei denen mehrfach Hathaways Brüste zu sehen sind, sollen wohl darüber hinweg täuschen, wie fadenscheinig diese Geschichte ist.
Und nun stellen Sie sich bitte einen Film vor, der versucht, diese vier Geschichten alle auf einmal zu erzählen. "Love and other Drugs" ist dieser Film - und er ist genauso krude, wie man es nach diesem Überblick über seine verschiedenen Plotlines befürchtet. Für das Drehbuch scheinen die Produzenten in eine Drehbuchschule reinmarschiert zu sein und sich einen Stapel von Entwürfen gekrallt zu haben. Manche Bücher waren von talentierten Autorinnen und Autoren, manche von Stümpern. Den Produzenten war das egal, sie nahmen einfach ein paar Seiten aus jedem Manuskript und patschten es zusammen. Ta-dah, vielschichtiges Drehbuch fertig!
Nein, so war es natürlich nicht. Mit Edward Zwick ("Last Samurai") und Charles Randolph ("Das Leben des David Gale") hat "Love and other Drugs" zwei renommierte Autoren vorzuweisen. Die Grundlage ihres Skripts ist außerdem die Autobiografie des ehemaligen Pharmavertreters Jamie Reidy, der tatsächlich Ende der neunziger Jahre als Viagra-Verkäufer durch die USA reiste. Doch weder Reidys Geschichte noch einer der drei anderen Plots schienen Zwick und Randolph gehaltvoll genug zu sein, um ihnen mehr Sorgfalt angedeihen zu lassen.
Zwick, der auch Regie geführt hat, setzt stattdessen ganz auf seine Hauptdarsteller Gyllenhaal und Hathaway, um die Patchwork-Geschichte zusammenzuhalten. Bei aller Anstrengung - gerade Gyllenhaal legt ein paar Zähne zu viel zu - klappt aber auch das nicht. Im Gegenteil: In dem Teil, der sich um Parkinson dreht, wirkt die Besetzung geradezu verlogen. Zwei der schönsten Hollywood-Schauspieler, die ihre makellosen Körper an anderen Stellen so oft wie möglich präsentieren, sollen etwas Wahrhaftiges über eine schwere Erkrankung erzählen? Mit prallen Bizeps und Brüsten gegen absterbende Nerven? Hier kann man ausnahmsweise froh sein, dass "Love and Other Drugs" schnell das Interesse an seinen Erzählsträngen verliert.