Horrorkomödie "Stolz und Vorurteil & Zombies" Edle Damen, enthemmte Untote
Mit "Stolz und Vorurteil & Zombies" ist der bekannteste aller Mash-up-Romane verfilmt worden. Herausgekommen ist kein Mischmasch für Nerds, sondern ein hübscher Zusammenprall von Film und Literatur.
Am Anfang war noch keine Leidenschaft und keine Sehnsucht, keine Gier und noch nicht einmal dieser unbezähmbare, unendliche Hunger. Am Anfang war ein Titel: "Stolz und Vorurteil & Zombies", das hörte sich beim Brainstorming für einen Redakteur beim Verlag Quirk Books in Philadelphia irgendwie spannend an, und er gab damals zunächst nur diese fünf Wörter weiter an den Autor Seth Grahame-Smith.
2008 erschien der Roman zum Titel - und man muss ja zugeben, dass diese Kombination knallt: die steifen Gentlemen in der Zeit um die englische Regency-Ära, in der Jane Austen den Ausgangsstoff erdachte, und die maximal enthemmten Zombies. Die Etikette und der Trieb. Töchter auf der Suche nach standesgemäßen Ehemännern, und faulende Leichen auf der Suche nach frischem Fleisch. Blutstropfen, Enthauptungen gar auf den Salonteppichen der feinen Gesellschaft.
Nach diesem Rezept hatte Grahame-Smith einen der ersten "Mash-up"-Romane verfasst, der all die Möglichkeiten und Praktiken des digitalen Zeitalters und seiner Fan Fiction, kulturelle Inhalte lustvoll um- und überzuformen, höchst ertragreich in die gedruckte Form übertrug. Es folgten Verschlingungen wie "Abraham Lincoln Vampirjäger", ebenfalls von Grahame-Smith geschrieben und schon 2012 verfilmt, "Sinn und Sinnlichkeit und Seemonster", in Deutschland "Winnetou unter Werwölfen" und "Sissi - Die Vampirjägerin". Zusammenfassend ausgedrückt: So langsam wird es albern - deshalb schnell zurück zum Köpfeabschlagen.
Zu diesem letzten Mittel greift in der Mutter aller Mash-ups Colonel Darcy (Sam Riley) auf dem Landsitz der edlen Familie Bennet, die sich wie so viele andere Anfang des 19. Jahrhunderts vor der nur scheinbar eingehegten Zombieplage in ihre eigene kleine "gated community" zurückgezogen hat - nicht ahnend, dass einer der ihren längst infiziert ist. Um der ständigen Bedrohung zu begegnen, senden die englischen Väter ihre Töchter nach Fernost, um dort die Kampfkünste zu erlernen.
Das gehört zurück ins Kino
Nicht zuletzt an diesem Detail zeigt sich, dass der Stoff weniger von einer Aneignung des Austen'schen Romans durch die Denkweisen der aktuellen globalisierten Popkultur ist, sondern vielmehr von der gegenseitigen Durchdringung von literarischen und filmischen Genres erzählt. Schöne Frauen in historischen Kostümen bei Martial-Arts-Verrenkungen: Das gehört doch zurück ins Kino, es verspricht die Komik des Unerwarteten und die Faszination der kinetischen Aktion zugleich.
Fliegende Arme und Beine, ob Körper trennend oder vom Körper getrennt, haben allerdings dennoch Seltenheitswert in den Bildern von Regisseur Burr Steers, der erst an Bord kam, nachdem zahlreiche andere Regisseure das Projekt wieder verlassen hatten - darunter auch der als Drehbuchautor und Regisseur in den vergangenen Jahren fünf Mal für den Oscar nominierte David O. Russell ("American Hustle"). Der Wunsch, mit dem jugendfreundlichen Rating PG-13 inszenatorisch auf Nummer sicher zu gehen, dürfte dabei eine erhebliche Rolle gespielt haben.
Gleichzeitig fließen all die auf Konfrontation angelegten erzählerischen Elemente dennoch erstaunlich harmonisch ineinander: die seltsame Abstoßung und Anziehung von Darcy und Elizabeth Bennet (Lily James, "Cinderella"), die wie ihre vier Schwestern endlich unter die Haube soll. Das Reisen in ständiger Todesangst. Der geheimnisvolle Wickham (Jack Huston, "Boardwalk Empire"), der einen ganz eigenen, unkonventionellen Umgang mit den Untoten vorschlägt und gleichzeitig eine innige Feindschaft mit Darcy pflegt. Die ständige Präsenz von Militär und von mal romantischen, mal niederträchtigen Intrigen zugleich. Humor und Historie, Verschwörung und Verwesung - der glaubhafte, nachfühlbare Herzschmerz allerdings kommt dabei ab und an ein wenig zu kurz.
Womöglich deshalb, weil Steers, der auch das Drehbuch verfasst hat, das Geschehen gerade zum Ende hin doch mit leinwandgerechtem Spektakel beschleunigt und sich so weiter von der ursprünglichen Struktur von Austens Roman entfernt als Grahame-Smith es mit seiner unmittelbaren Buchvorlage tat.
Schlachten und Kanonendonner künden bei Steers vom diesmal womöglich endgültigen Untergang einer Ära. Sicherlich hat schon Austens Stil, die alles andere als brav oder affirmativ mit der Gesellschaft umging, die sie beschrieb, die Grundlage gelegt, auf der weitere erfrischende Respektlosigkeiten und erzählerische Übertreibungen gedeihen konnten. Gleichzeitig verblüfft die Souveränität, mit der Steers den erwünschten Zusammenprall zweier Fiktionswelten in eine erstaunlich geschlossene eigene überführt.
Im Video: Der Trailer zu "Stolz und Vorurteil und Zombies"
- Offizielle Website zum Film
Originaltitle: Pride and Prejudice and Zombies
USA/UK 2015
Buch und Regie: Burr Steers
Darsteller: Lily James, Sam Riley, Jack Huston, Bella Heathcote, Douglas Booth, Sally Phillips, Charles Dance, Lena Headey, Matt Smith, Suki Waterhouse, Ellie Bamber, Millie Brady
Produktion: Cross Creek Pictures, Pierra Pictures, MadRiver Pictures et al.
Verleih: Universum Film/ SquareOne Entertainment
Länge: 108 Minuten
FSK: ab 16 Jahren
Start: 9. Juni 2016