US-Biopic "The Butler" Das gute alte Housepersonal
Mariah Carey. Oprah Winfrey. Robin Williams. Lenny Kravitz. Forest Whitaker. Aus dem Leben eines Afroamerikaners, der im Weißen Haus acht US-Präsidenten diente, macht "The Butler" eine Starrevue - und ödes Erbauungskino. Der Mann, der vom Klo aus Schimpfkanonaden abfeuert, ist aber ein Genuss.
Man kennt sie aus Museen: Dioramen, diese großen Schaukästen, in denen mit Puppen, Figürchen und Requisiten eine Jagdszene aus der Urzeit oder sonst wie Historisches nachgestellt wird. Möglichst lebensecht sollen sie sein und wirken doch gerade deshalb so befremdlich in ihrer konservierten Künstlichkeit.
Mit "The Butler" präsentiert Regisseur Lee Daniels ("Precious") nun ein Drama im Schaukastenstil. Sehr frei inspiriert von der Biografie Eugene Allens, der über 34 Jahre hinweg als Butler im Weißen Haus arbeitete und 2010 starb, zeigt der episodenhafte Film streng chronologisch das Leben des fiktiven Afroamerikaners Cecil Gaines.
Der bedient aufopferungsvoll die mächtigsten Männer der Welt und wird von Forest Whitaker mit so viel staatstragender Würde verkörpert, dass der Charakterschauspieler womöglich schon aus reiner Ehrfurcht für den Oscar nominiert wird. Daniels' starbesetztes Erbauungskino verkündet dazu in jeder statischen Szene beste Absichten. Und gerinnt dabei zu einer so biederen wie erschreckend unpolitischen Aufführung, gegen die Schulfunk wie radikale Agitprop wirkt.
So täuscht auch der aufwühlende Beginn - diese Wucht erreicht der Film in Folge nie wieder: Als Kind auf einer Plantage im Georgia der zwanziger Jahre muss Cecil Gaines erleben, wie der weiße Besitzer erst die Mutter (Mariah Carey) vergewaltigt und dann den Vater ermordet. Die Verbrechen bleiben ungesühnt. Doch in einer Art pervertierter Anteilnahme bildet die Mutter des Mörders Cecil zum Hausbediensteten aus.
Als junger Mann verlässt er den Süden und gelangt nach einigen Jahren zu einer Anstellung als Butler in einem Luxushotel in Washington. Dort lernt er Gloria (Oprah Winfrey) kennen; die beiden heiraten und ziehen die zwei Söhne Louis (David Oyelowo) und Charlie (Elijah Kelley) groß.
Dank seines zuvorkommenden und diskreten Umgangs mit den einflussreichen Hotelgästen bekommt Cecil unerwartet das Angebot, im Weißen Haus zu arbeiten. 1957 tritt er dem Hauspersonal bei, zu dem auch James Holloway (Lenny Kravitz) und Carter Wilson (Cuba Gooding Jr.) gehören. Damit beginnt die Starrevue in Daniels' Film. Von nun an haben die prominenten Präsidentendarsteller ihre Minutenauftritte.
Robin Williams gibt einen reformscheuen, aber prinzipientreuen Dwight D. Eisenhower, der schließlich Truppen nach Little Rock schickt, um die Aufhebung der Rassentrennung an den Schulen durchzusetzen. James Marsden spielt John F. Kennedy als charismatischen Hoffnungsträger, der das Land einen will und dessen Ermordung die Nation in tiefe Trauer stürzt. Und John Cusack lässt seinen geduckten Richard Nixon bereits im ersten Dialog so viel Paranoia verbreiten, dass sein tiefer Fall nur eine Frage der Zeit zu sein scheint. Unerwartete oder kontroverse Facetten finden sich in diesen Darstellungen nicht.
Bemerkenswerter sind zwei weitere Kurzporträts: Alan Rickman trifft als Ronald Reagan verblüffend genau den verbindlichen Umgangston des Präsidenten und macht mit sparsamsten Mitteln begreifbar, warum Reagan so polarisierte. Zudem hat Jane Fonda an seiner Seite einen schönen Mini-Auftritt in der Rolle Nancy Reagans.
Abwarten und Schlummertrunk servieren
Doch am liebsten hätte man einen eigenen Film für Liev Schreiber, der sich mit Verve und unter Einsatz diverser Kraftausdrücke an Lyndon B. Johnson abarbeitet. Schreiber spielt einnehmend diesen widersprüchlichen Politiker, der den Vietnam-Krieg antreibt und zugleich gegen erhebliche Widerstände eine der weitreichendsten gesellschaftspolitischen Reformen in den USA durchsetzte. Wenn er als LBJ vom Toilettensitz aus seine Tiraden abfeuert und dabei zugleich derber Provinzler und Staatsmann ist, dann hat man plötzlich eine Ahnung, was "The Butler" vielleicht auch hätte werden können.
Aber leider genügt es Daniels und Drehbuchautor Danny Strong, Cecils Begegnungen auf den Korridoren der Macht in ermüdender Routine mit seinem Familienleben zu spiegeln. Die Ehe mit Gloria durchläuft über die Jahre ebenso ihre Krisen wie Cecils Verhältnis zum ältesten Sohn Louis. Der schließt sich zunächst gegen den Willen des besorgten Vaters der Bürgerrechtsbewegung an und wird später Mitglied der Black Panther Party.
Diese privaten Konflikte bleiben jedoch - genau wie der Kampf gegen Rassismus und für die Emanzipation der Afroamerikaner - nur Anekdoten in einem Film, der die bloße Aneinanderreihung signifikanter Jahreszahlen und Ereignisse mit Geschichtsbewusstsein verwechselt. In Soap-Manier endet so jede Szene mit einer dramatischen Zuspitzung, ohne dass ein wirklicher Erzählfluss entsteht.
Mit zunehmender Laufzeit wird die fehlende Haltung des Films zur repräsentativen Demokratie und zum politisch handelnden Subjekt überdeutlich. Er ersetzt sie durch reichlich Sentiment und einen sehnsüchtigen Fluchtpunkt: den Amtsantritt Barack Obamas. Für "The Butler" beantwortet dieser fraglos historische Moment alle Fragen, die er leider nie gestellt hat. Vielleicht ist das Gottvertrauen in ein gerechtes Ende der Geschichte ein Grund für den kommerziellen Erfolg dieses servilen Films zu einer Zeit, da das Weiße Haus angesichts des Shutdown hilfloser wirkt denn je. Tatsächlich restauriert "The Butler" das Camelot der Kennedys in quasi-aristokratischem Glanz.
Und was macht man im Haus an der 1600 Pennsylvania Avenue, wenn draußen die Tea Party oder anderer Unbill wütet? Ginge es nach "The Butler", würde man vermutlich abwarten und einen Schlummertrunk servieren.