TV-Film über Juwelendiebe Sexy Späherin, cooler Safeknacker
Die "Pink Panther" sollen auf Hollywood-reifen Beutezügen mehr als 300 Millionen Euro kassiert haben. In einer teilweise im Comic-Stil erzählten Film-Doku sprechen nun Ex-Mitglieder der Bande über ihren Job bei den Juwelendieben - und darüber, was am Ende von Ruhm und Geld übrig blieb.
Ein Mann im Anzug, dezent getarnt mit Sonnenbrille und Hut, öffnet die Ladentür, drei weitere Männer stürmen das Juweliergeschäft, sie fuchteln mit Pistolen, sie zertrümmern Vitrinen, sie schnappen sich Schmuck - und verschwinden. Oder: Ein Auto rast im Rückwärtsgang durch die Glastür einer Mall, ein weiterer Pkw folgt, Männer zertrümmern Vitrinen, sie schnappen sich Schmuck - und verschwinden.
Wenn die sogenannten Pink Panther ans Werk gehen, tun sie das blitzschnell. Ihr Vorgehen wirkt etwas brachial und auch simpel, ist aber dennoch bis ins Detail vorab durchdacht. Das ist das Erfolgsrezept der Diebesbande, deswegen haben Mitglieder seit 2003 mehr als 300 Millionen Euro erbeutet, deswegen sucht Interpol nach ihnen. Keine leichte Aufgabe, schließlich sollen es insgesamt etwa 200 Diebe sein, zumeist aus Serbien. Und ihr Beutezug geht weiter.
Doch wer genau steckt hinter der weltweit operierenden Bande, die nicht nur filmreif agiert, sondern mittlerweile auch zu Ruhm gekommen ist? Die britische Dokumentarfilmerin Havana Marking, 2009 für ihre Casting-Doku "Afghan Star" beim renommierten Sundance-Festival ausgezeichnet, will diese Fragen mit "Meisterdiebe im Diamantenfieber" beantworten.
Dazu spricht sie nicht nur mit Ermittlern aus Genf und Paris, die - genau wie Inspektor Clouseau im Film "Der rosarote Panther" - bisher immer ein paar Minuten zu spät kamen. Gemeinsam mit der serbischen Journalistin Milena Miletic spürt die Filmemacherin auch echte Panther auf und lässt sie erzählen. Und weil diese naturgemäß nicht erkannt werden wollen, ist die Dokumentation halb-animiert, im Comic-Stil - ein ungewöhnlicher Ansatz für eine Doku.
"Ohne Frauen wäre hier nichts gelaufen"
"Ich sah extrem gut aus in dieser Zeit", sagt Leila, heute wohl Anfang 40 und Mutter. Mal als Blondine, mal als Brünette - und immer als unverdächtige Schönheit - habe die eigentlich rothaarige Frau die Verkaufsräume der Juweliere bis ins kleinste Detail ausspioniert. Eine große Verantwortung, erzählt sie. "Ohne Frauen wäre hier nichts gelaufen."
"Leila musste die teuersten Kleider und Pelze tragen, sich verhalten wie Madonna", erinnert sich Mike. Der heute 48-Jährige habe anschließend mit seinem Team den Überfall durchgezogen. Wie sie den Tresor aus dem Gebäude schleppten, welche Unterschiede es zwischen digitalen und mechanischen Safes gibt und wie man sie knackt - all das erzählen die Panther quasi aus dem Schmuckkästchen.
Um ihre Berichte illustrieren zu können, greift Havana Marking auf Gezeichnetes zurück. Wie auf zum Leben erweckten Bildern von Andy Warhol schreiten sexy Späherinnen auf Highheels zur Tat, und lässige, im Pop-Art-haften Comic-Look gezeichnete Safe-Knacker gehen im Mondschein ans Werk. Ein bisschen romantisch verklärend wirkt das, wie Filme über Meisterdiebe halt so sind - und ebenso auflockernd wie eine ebenfalls nachgestellte Flucht mit Gangsterauto im Zeitraffer. Und gut gemacht.
Und noch ein Clip-Schnipsel
Schade nur, dass die Regisseurin es nicht dabei belässt. Während sich der Zuschauer noch fragt, ob der Coup geglückt ist, von dem Leila und Mike berichteten, schwelgen diese bereits in Kindheitserinnerungen. Wie schön die "goldenen Zeiten" unter Jugoslawiens Machthaber Tito waren, berichten sie. Und unterlegt ist das mit jugoslawischen Werbevideos für US-Touristen: Wasserfälle plätschern, nackte Schönheiten posieren, Villen glitzern im Scheinwerferlicht.
Diese assoziativ montierte Erinnerungsreise durch die Geschichte Jugoslawiens endet beim Krieg nach dem Zerfall des Tito-Staates: blutende Zivilisten, sich übergebende Soldaten, zerstörte Kirchen. Zu den Originalaufnahmen darf Schmuggler Lucky erzählen, wie er zum Schmuggler und somit zu Protagonist Nummer drei der Dokumentation wurde. Einst schleuste er Jeans und Waffen über die Grenzen, nun eben die Diamanten der "Pink Panther". Die werden dann umgeschliffen und zurück nach Antwerpen oder in die USA - und so zurück auf den Markt gebracht.
Wenn es um solche Hintergründe geht, wird der Film unübersichtlich: Ermittler aus Paris, Genf und Dubai schildern ihre Ermittlungen, ein Juweliersverband kommt mit einem Werbevideo zu Wort. Dann flimmern Polizeivideos aus Dubai, Kindersoldaten aus dem Diamantenstaat Sierra Leone und Firmenvideos von Fluggesellschaften scheinbar wahllos durchs Bild, bis man nicht mehr sicher sagen kann, welche Aussagen und Hintergründe sie nun eigentlich bebildern sollen. Plötzlich wieder die Bilder einer Überwachungskamera. Oder hatten wir die schon?
Wäre Filmemacherin Marking weniger der Versuchung der Bilder und ihrem unbedingten Stilwillen erlegen, man hätte die fesselnden Schicksale ihrer Panther-Protagonisten besser nachvollziehen können. Das von Mike etwa, der sich nicht mehr durch sein Heimatdorf bewegt, ohne sich paranoid umzuschauen. Oder das von Leila, die an einer großen Liebe gescheitert ist - und hofft, Gott möge ihr ihre Untaten vergeben.
"Meisterdiebe im Diamantenfieber", Dienstag, 2.7., 22.45 Uhr, ARD