Robotik Drohnen spinnen selbständig Netze
Sie tanzen durch die Luft, und langsam entsteht eine Netzstruktur. Schweizer Forscher haben Flugdrohnen beigebracht, Konstruktionen aus Seilen zu weben. Die Technik könnte in Zukunft beim Brückenbau zum Einsatz kommen.
Ein kleiner Roboter umfliegt zwei gespannte Seile. Immer wieder stoppt er und schwebt auf der Stelle. Er beginnt vorsichtig, neue Seilverbindungen zu spannen, bis eine Struktur entstanden ist. Ein Video von Schweizer Forschern und Architekten der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich zeigt, wie sich Flugdrohnen zukünftig noch einsetzten ließen: als selbständige Brückenbauer. Denn hinter dem Tanz des knotenknüpfenden Roboters steckt kein Mensch, sondern ein unabhängig agierendes Computersystem.
Die ersten Ergebnisse einer Forschungsarbeit, die sich mit Architektur und Bauprozessen mit Hilfe von Flugrobotern beschäftigt, stellten Robotikwissenschaftler um Federico Augugliaro vor einigen Tagen auf einer Fachtagung vor. Auf der IEEE/RSJ International Conference on Intelligent Robots and Systems in Tokio beschrieben die Wissenschaftler und Architekten der ETH ihr autonomes System. Nach einem vorhergehenden Projekt, in dem umherschwirrende Drohnen Ziegel aus Schaumstoff stapelten, widmeten sie sich nun Seilen als Baumaterial.
"Unsere Arbeit ist eine Art Kooperation zwischen Robotik und Architektur", sagt Federico Augugliaro, der Erstautor der Studie. Es handle sich dabei nicht um fertig entwickelte Produkte für den industriellen Einsatz auf Baustellen. "Wir erforschen erst die Möglichkeiten."
Tanz knotender Quadrocopter
Augugliaro vom Institut für Dynamische Systeme und Regelungstechnik und seine Kollegen vom Departement Architektur und Digitale Fabrikation statten die Quadrocopter dafür mit Spulen aus, auf die ein besonders reißfestes Kunststoffseil aufgerollt ist. Mittels spezieller Flugmanöver weben bis zu zwei Exemplare gleichzeitig ein Netz. Sie wirken dabei wie mechanische Spinnen, die durch die Luft schwirren statt zu klettern.
"Was die Stärke der verwendeten Seile angeht, sind diese sogar mit dünneren Stahlseilen vergleichbar", sagt der Robotikforscher Augugliaro. "Sie sind im Verhältnis zu ihrem Gewicht sehr reißfest, denn Flugroboter haben nur eine begrenzte Ladekapazität." Die Roboter können derzeit etwa 120 Gramm Seil transportieren. Aber größere Modelle wären denkbar, so Augugliaro weiter. "Zunächst konzentrieren wir uns aber auf die Algorithmen." Es wäre wichtig zu wissen, wie ein Quadrocopter sich mit einem angehängten Seil verhalte. Denn das Ziel der Forscher ist es den Flug ihrer Roboter möglichst genau kontrollieren zu können und die Maschinen stabil zu halten. Einen angeleinten Roboter zu steuern, ist komplizierter, als eine frei schwebende Variante auszutarieren.
Die dabei auftretenden Zugkräfte und andere äußere Einflüsse, wie die Luftströmung, machen jeden Flug zu einem Balanceakt. Diesen bewältigt ein Computersystem, das aus der Ferne die Drohnen steuert. Über Kameras, eine Bewegungserkennung und eigens dafür entwickelte Software kann es jede Veränderung blitzschnell registrieren und entsprechend gegensteuern. Zudem zeigten Forscher der ETH schon mit Versuchen in der Flying Machine Area der Universität, dass ihre Systeme lernfähig sind und das Balancieren üben können.
Drohnen statt Raketen
Ließen sich Drohnen effektiv als Bautrupps einsetzen, so könnten sie zukünftig beispielsweise beim Brückenbau Verwendung finden. Denn viele Brücken basieren auf Drahtseilkonstruktionen, die das Gewicht ganzer Fahrbahnen halten. Flechtende Drohnen, die eigenständig Pfeiler verbinden könnten, wären eine Erleichterung im oft zeitintensiven Baubetrieb. Schon allein um die ersten wichtigen Seilverbindungen über Schluchten zu spannen, könnten die Drohnen nützlich sein.
Zwar sind Helikopter heute schon oft im Einsatz, um Brückenteile in unwegsames Gelände transportieren, doch manchmal sind sie ungeeignet. Einige Flüge sind für menschliche Piloten zu gefährlich oder schlichtweg zu teuer. Bei der Konstruktion der über einen Kilometer langen Siduhe-Brücke in China beispielsweise waren die Erbauer sogar auf eine Rakete angewiesen, die ein Drahtseil über die Schlucht spannte. Doch statt als letzten Ausweg Seile mit Geschossen zu verschießen, könnten in einigen Jahren autonome Drohnen solche Jobs vielleicht leiser und im Vorbeiflug erledigen.
Dem Autor auf Twitter folgen: