Breitbandausbau Bisher wurde nur ein Bruchteil der Fördermittel ausbezahlt
Der Bund lobt Milliarden für schnelles Internet in Deutschland aus, doch die Förderung läuft schleppend. Die Grünen sprechen von Inkompetenz der Bundesregierung, die Landkreise sind aber nicht unzufrieden.
3,5 Milliarden Euro: Diese Summe hat der Bund seit 2016 bewilligt, damit deutsche Kommunen und Landkreise an schnelles Internet kommen. So wird auch Verkehrsminister Andreas Scheuer auf der Ministeriums-Website zitiert. 2018 soll eine weitere Milliarde dazu kommen, verspricht er dort. Die Mittel sollen helfen, die deutschen Breitbandziele - von mehreren Bundesregierungen unter Kanzlerin Angela Merkel immer wieder nach unten korrigiert - schließlich doch noch erreichbar zu machen. Deutschlandweites Ziel sind nun flächendeckende Geschwindigkeiten von bis zu einem Gigabit pro Sekunde bis 2025.
Jedoch: Die zugesagten Fördermittel kommen noch nicht an. Von den besagten 3,5 Milliarden Euro hat der Staat erst 26,6 Millionen Euro ausgeschüttet. Das zeigt die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen (Drucksache 19/02286). Sie bezieht sich auf das zentrale sogenannte Bundesförderprogramm für den Breitbandausbau. Bereits Anfang des Jahres hatte eine schriftliche Frage der Grünen an die Bundesregierung ein ähnliches Verhältnis offenbart. Zuletzt hatte die FDP-Fraktion nach dem Stand der Förderung für Schulen gefragt und eine Antwort erhalten, die ebenfalls ins Bild passt.
Das Förderprogramm ist dafür da, damit zum Beispiel dünn besiedelte Regionen an ein ausgebautes Netz angeschlossen werden können. Dort lohnt sich der Ausbau für Netzbetreiber wie die Telekom oft nicht, die Folge ist eine ruckelige Verbindung, unter der Privathaushalte genauso wie Unternehmen leiden.
Hier sollte die Förderung des Bundes greifen. Eine Kommune kann pro Projekt für den Internetausbau bis zu 15 Millionen Euro einstreichen. Sie kann die Anschlüsse selbst verlegen oder Unternehmen bezuschussen. Auch Beratungsleistungen können in Anspruch genommen werden, damit Kommunen zunächst technische Details ermitteln lassen können. 2016 verlieh der damalige Digitalminister Andreas Dobrindt (CSU) die ersten Förderbescheide, mehrere weitere Förderrunden folgten. In die Kritik geraten war das Programm aber schon zu Beginn, weil dabei nicht nur auf Glasfaser gesetzt wurde, sondern auch auf die umstrittene Vectoring-Technik.
Laut der aktuellen Regierungsantwort auf die Kleine Anfrage der Grünen fallen zudem die Förderzusagen und die tatsächlichen Abrufzahlen weit auseinander. Je nach Bundesland ergibt sich demnach sogar eine Abrufquote von deutlich unter einem Prozent.
- In Mecklenburg-Vorpommern wurden im Rahmen des Förderprogramms 825 Millionen Euro bewilligt, aber bisher nur eine Million Euro abgerufen. Das ergibt eine Quote von 0,1 Prozent.
- Sachsen-Anhalt hat eine Quote von 0,2 Prozent, von 172 Millionen Euro wurden 412.000 Euro abgerufen.
- In Sachsen (410 Millionen Euro bewilligt) und Brandenburg (273 Millionen Euro) wurden nur 0,3 Prozent des Geldes tatsächlich ausgeschüttet.
- Alle weiteren Bundesländer kommen auf ebenfalls geringe Abrufquoten von unter zehn Prozent, mit Ausnahme von Berlin: Hier sind von 382.000 Euro, die bewilligt wurden, bereits 152.000 Euro ausgeschüttet worden. Das ergibt eine Quote von knapp 40 Prozent.
"Was in den meisten europäischen Ländern an Bandbreiten längst Standard ist, davon können viele Nutzer in Deutschland dank der Inkompetenz der Bundesregierung nur träumen", sagten die Grünen-Bundestagsabgeordneten Oliver Krischer und Margit Stumpp in einem gemeinsamen Statement zu ihrer Anfrage, gestellt zusammen mit weiteren Abgeordneten. "Im Haushalt steht dafür zwar viel Geld zu Verfügung, aber passiert ist wenig bis gar nichts."
Schuld ist aus Sicht von Krischer und Stumpp ein allzu kompliziertes Antragsverfahren, das gleichzeitig umfangreiche Ausschreibungen erfordert. Auch die Telekom machen die beiden Politiker als Mitschuldigen aus. Sie lasse sich bei erteilten Aufträgen zu viel Zeit bei der Verlegung von Kabeln und habe "in den ersten Jahren das Förderprogramm massiv hintertrieben".
"Nicht von heute auf morgen zu bewerkstelligen"
In ihrer Antwort verweist die Bundesregierung auf den bereits bekannten Plan, die Förderbedingungen zu vereinfachen. Jedoch könne die Förderung nur dort ansetzen, wo tatsächlich ein Marktversagen festgestellt worden sei. Ohnehin kommen auch weitere Faktoren für die Verzögerungen bei der Förderung infrage, auf welche die Politik keinen Einfluss hat. So fehlen mancherorts schlicht die Bauunternehmen, die entsprechende Kabel schnell verlegen könnten.
Auch die Landkreise wollen die Zahlen nicht überbewerten. "Wir haben den Eindruck, dass die Ausbaumaßnahmen bezogen auf dieses Bundesprogramm gut voranschreiten und haben keinen Grund zur Annahme, es herrsche ein irgendwie gearteter Stillstand", sagte Kay Ruge vom Deutschen Landkreistag der dpa. Der Breitbandausbau sei vergleichbar mit der Elektrifizierung oder dem Straßenbau. "Das ist nicht von heute auf morgen zu bewerkstelligen." Die notwendige Markterkundung vor dem Förderantrag und die Ausschreibungen brauchten Zeit. Dass die Mittel langsam ausgegeben würden, sei also normal.
Jüngst urteilten die Rechnungsprüfer der EU, dass die deutschen Breitbandziele "wahrscheinlich nicht zu verwirklichen" sind.
Video: Digitales Entwicklungsland Deutschland: Internet auf dem Land