Hasskommentare im Internet Richterbund geht Gesetzentwurf von Maas nicht weit genug
Manche finden den Gesetzentwurf gegen Hass in sozialen Netzwerken falsch, andere nicht konsequent genug. Der Deutsche Richterbund fordert für Opfer von Hassbotschaften nun einen direkten Auskunftsanspruch.
Der Deutsche Richterbund kritisiert den Gesetzentwurf von Justizminister Heiko Maas gegen Hasskriminalität in sozialen Netzwerken. "Die Vorschläge des Ministers greifen zu kurz", sagte der Geschäftsführer des Richterbundes, Sven Rebehn, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Rechtswidrige Kommentare schnell zu löschen, kann nur eine Säule im Kampf gegen Hass und Hetze im Netz sein. Wer strafbare Inhalte online stellt, der muss dafür auch effektiv strafrechtlich verfolgt werden können."
Bisher hätten die Staatsanwaltschaften Probleme, Auskünfte von den Netzwerken über die Identität anonymer Hetzer zu bekommen, so Rebehn: "Es braucht verbindliche Auskunftsstellen von Facebook und Co. im Inland, die schnell und verlässlich auf Anfragen der Strafverfolger reagieren". Der Entwurf für das sogenannte Netzwerkdurchsetzungsgesetz sehe diese Auskunftsstellen zwar vor, sie blieben im Ergebnis aber freiwillig, weil keine Sanktion drohe, wenn sie nicht eingerichtet würden.
Zudem sollten Opfer von Hassbotschaften einen direkten Auskunftsanspruch gegen die Netzwerke erhalten. "Wer im Netz verleumdet oder beleidigt wird, der muss sich dagegen effektiv wehren können, indem er etwa auf Unterlassen oder Schadensersatz klagt", betonte Rebehn. Die Netzwerke müssten verpflichtet werden, die Namen anonymer Verfasser von Hasskommentaren an die Betroffenen herauszugeben. "Es macht auf die Täter weitaus mehr Eindruck, wenn ihre Hasskommentare nicht nur gelöscht werden, sondern ihnen auch empfindliche Strafen oder Schadensersatzforderungen drohen."
Millionen-Bußgelder geplant
Der Gesetzentwurf von Justizminister Maas war - lange nach der ersten Ankündigung - vergangenen Dienstag in Berlin präsentiert worden. Dem Entwurf zufolge sollen Unternehmen wie Facebook und Twitter unter anderem dazu verpflichtet werden, offensichtlich strafbare Inhalte wie Verleumdung oder Volksverhetzung innerhalb von 24 Stunden nach Eingang der Beschwerde zu löschen oder zu sperren.
Geplant ist zudem eine vierteljährliche Berichtspflicht über den Umgang mit Beschwerden. Vorgesehen sind auch Bußgelder bei Verstößen gegen die Berichtspflicht oder bei mangelhafter Umsetzung des Beschwerdemanagements - sie können in Millionenhöhe liegen.
Heiko Maas zufolge sollen auch bewusste Falschmeldungen - sogenannte Fake News - unter den Gesetzentwurf fallen: "Strafbar sind Fake News, wenn sie etwa die Tatbestände der Beleidigung, Verleumdung oder der üblen Nachrede erfüllen."
Ein umstrittener Entwurf
Der Gesetzentwurf ist nicht nur aus den Gründen, die der Richterbund nennt, umstritten. Der Branchenverband Bitkom etwa warnte, die Höhe der Bußgelder und die kurzen Fristen würden bei den Plattformbetreibern eine "Löschorgie" auslösen, die auch viele nicht rechtswidrige Inhalte betreffen würde.
Alexander Sander, der Hauptgeschäftsführer des Bürgerrechtevereins Digitale Gesellschaft, bemängelte: "Mit seinem Vorstoß zur Bekämpfung von Hate Speech und Fake News gefährdet der Bundesjustizminister die Meinungsfreiheit im Netz und macht den rechtssicheren Betrieb zahlreicher Onlinedienste in Deutschland faktisch unmöglich." Maas' Entwurf werfe mehr Fragen auf, als er beantworte.
Und Markus Reuter vom Blog "Netzpolitik" verwies darauf, dass der Entwurf potenziell viele Webdienste betreffe, auch solche, "die man klassischerweise nicht als soziale Netzwerke bezeichnen würde".
Justizminister Maas sagte am Dienstag, der Gesetzentwurf solle nun zügig in die parlamentarische Beratung gehen. Es hänge dann vom Bundestag ab, wann das Gesetz in Kraft treten könne. Aus Maas' Sicht ist eine nationale Regelung gegen Hassbotschaften im Internet auch nur ein erster Schritt: "Am Ende brauchen wir für europaweit agierende Unternehmen auch europäische Lösungen." Der Gesetzentwurf solle deswegen auch der EU übermittelt werden.
mbö/dpa/Reuters