Kanadisches Gerichtsurteil Google muss bestimmte Suchergebnisse weltweit sperren
Wenn Google nach einer richterlichen Entscheidung bestimmte Suchergebnisse ausblenden muss, gilt das nicht nur im jeweiligen Land, sondern auf der ganzen Welt. Das hat in Kanada nun auch der Supreme Court entschieden.
Kanadas oberstes Gericht hat in einem möglicherweise richtungsweisenden Urteil den Internetkonzern Google dazu verpflichtet, beanstandete Suchergebnisse weltweit auszublenden. Dies sei dann geboten, wenn nur so eine richterlich angeordnete Sperre effektiv umgesetzt werden könne, entschied der Supreme Court. "Das Internet hat keine Grenzen", erklärten die Richter. Daher müssten solche Auflagen "dort greifen, wo Google tätig ist - weltweit".
Mit dem Urteil bestätigte der Supreme Court am Mittwoch die entsprechende Entscheidung einer niedrigeren Instanz. Bereits seit Jahren beschäftigen sich Gerichte in Kanada mit dem Fall, in dem es um den kanadischen Telekommunikationsausrüster Equustek Solutions geht. Der hatte erfolgreich gegen ein Unternehmen geklagt, das Equustek-Produkte als seine eigenen vermarktet hatte. Google sperrte daher 345 mit der Nachahmer-Firma zusammenhängende Internetseiten, jedoch nur für ihre kanadischen Suchmaschinen. Das Oberste Gericht befand nun, dass damit die gesperrten Inhalte trotzdem noch zu leicht im In- und Ausland abzurufen seien.
Illegale Verkäufe fallen nicht unter die Meinungsfreiheit
Equustek forderte Google daher auf, alle Internetseiten des Fälscher-Unternehmens zu sperren. Der US-Internetkonzern weigerte sich. Vor Gericht argumentierte er, ein solches Vorgehen gehe zu weit, es gebe "Bedenken wegen der Meinungsfreiheit". Dazu erklärte das Gericht unter Hinweis auf den konkreten Fall, die Begünstigung von illegalen Verkäufen falle nicht unter das Recht auf freie Meinungsäußerung. Ohne eine Sperrung der beanstandeten Internetseiten würde Google "weiterhin diesen fortgesetzten Schaden (für Equustek) erleichtern", urteilte das Gericht.
Eine Stellungnahme von Google lag zunächst nicht vor. Allerdings ist die Problematik für den Konzern nicht neu: Auch beim sogenannten "Recht auf Vergessen", das Nutzern ermöglicht, gewisse Suchergebnisse über sich selbst bei Google unsichtbar machen zu lassen, wurde darüber diskutiert, ob diese Ergebnisse weltweit verschwinden müssten. Das forderte etwa die französische Datenschutzbehörde CNIL. Google wehrte sich auch damals und erklärte in einem Blogeintrag, es gebe eine "europäisches, kein globales Recht auf Vergessen".
Einige Medienunternehmen und Bürgerrechtsorganisationen befürchten, dass die Gerichtsentscheidung in Kanada einen gefährlichen Präzedenzfall schafft. Es bestehe das Risiko, dass Regierungen und Unternehmen das Urteil "als Rechtfertigung für Zensur-Anliegen" nutzen, erklärte David Christopher von der Organisation Open Media. "Das wäre ein großer Rückschlag für die Bürgerrechte, Zugang zu Informationen zu erhalten und uns frei zu äußern." Auch die amerikanische Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF) kritisierte das Urteil. Die Löschung von Inhalten nach dem Gesetz eines bestimmten Landes sei problematisch und könnte in einem anderen Land die Rechte der Nutzer verletzen.
juh/AFP/Reuters