NSA-Affäre Bürgerrechtler zeigen Bundesregierung an
Ist die Bundesregierung in die Schnüffelei fremder Geheimdienste involviert? Drei Bürgerrechtsgruppen haben jetzt Strafanzeige gestellt. Sie fordern die Vernehmung von Edward Snowden in Deutschland.
Hamburg - Der Chaos Computer Club, die internationale Liga für Menschenrechte und der Bürgerrechtsverein Digitalcourage haben nach eigenen Angaben Strafanzeige gegen die Bundesregierung und Geheimdienstmitarbeiter erstattet.
Sie werfen Mitgliedern der Regierung, den Spitzen der Geheimdienste und ausländischen Agenten vor, in Geheimdiensttätigkeiten involviert zu sein und die Machenschaften von NSA und GCHQ mindestens geduldet zu haben. Außerdem sollen sie den persönlichen Lebens- und Geheimbereich der Menschen in Deutschland verletzt und Strafvereitelung im Amt begangen haben.
Der Chaos Computer Club erklärte, dass die Verantwortlichen in den Nachrichtendiensten und in der Bundesregierung die verbotenen geheimdienstlichen Tätigkeiten "aktiv und in erheblichem Umfang gefördert und somit Beihilfe geleistet" hätten.
Mit der Anzeige wollen die Organisationen die Aufnahme von Ermittlungen durch den Generalbundesanwalt in der NSA-Affäre erreichen. Der Netzaktivist Padeluun von Digitalcourage sagte, es sei unverständlich, warum der Generalbundesanwalt bisher noch nicht ermittelt habe und die Politik sich wirksamen Maßnahmen verweigere: "Wenn die offiziellen Stellen hier zurückschrecken, müssen wir staatlich garantierte Rechte eben einklagen."
Snowden soll als Zeuge aussagen
Vom CCC heißt es weiter, das Ausspähen geschehe "vor aller Augen", etwa im sogenannten Dagger-Komplex und auf dem August-Euler-Flugplatz bei Griesheim.
Zur Aufklärung beitragen soll auch Edward Snowden. Die Bürgerrechtler fordern, dass er persönlich vor Gericht als Zeuge aussagen soll. Die Bundesregierung hat mehrfach betont, ihr lägen keine eigenen Erkenntnisse in der NSA-Affäre vor. Eine Vernehmung von Edward Snowden, der derzeit in Russland Asyl gefunden hat, lehnt die Regierung allerdings ab. Eine Befragung in Deutschland würde zu Verwerfungen im transatlantischen Bündnis führen.
Konkret richtet sich die 59-seitige Anzeige gegen die Bundeskanzlerin, den Innenminister und seine Amtsvorgänger sowie die Spitzen des Bundesnachrichtendienstes, des Verfassungsschutzes und des Militärischen Abschirmdienstes. Vertreten werden die Bürgerrechtsorganisationen durch die Berliner Anwälte Eberhard Schultz und Claus Förster.
Globale Überwachung
- Die NSA greift auf Nutzerdaten bei US-Konzernen wie Google, Microsoft, Facebook, Apple zu, hackt sich aber auch in die internen Datenströme. (Details zum Prism-Programm und den Hacks)
- Der britische Geheimdienst GCHQ speichert für die NSA millionenfach Online-Informationen über Europäer. (Details zum britischen Datensauger)
- Der Auslandsgeheimdienst NSA späht seit Jahren die Telefonverbindungen von US-Bürgern aus. (Details zur Telefonüberwachung)
- Die NSA überwacht Banken und Kreditkartentransaktionen. Die europäische Swift-Genossenschaft wird gleich mehrfach angezapft. (Details zum Swift-Hack)
- Großbritannien hat, vermutlich mit NSA-Hilfe, den Telefonanbieter vieler EU-Institutionen gehackt.(Details zur Telefonüberwachung)
- Die Berliner US-Botschaft ist ein Horchposten, auf den Ziellisten der Spezialeinheiten dort stand auch Bundeskanzlerin Merkel. (Details zum US-Horchposten Berlin)
Internet-Sabotage
- Die NSA hat bei der Standardisierung weltweit genutzte Verschlüsselungsverfahren sabotiert. Die Verfahren sind für alle unsicher, dafür kann die NSA sie knacken. (Details zur Krypto-Sabotage)
- Weltweit hat die NSA Zehntausende, womöglich Hunderttausende Computer und Server über Trojaner unter ihrer Kontrolle. Diese Systeme können an kritischen Stellen in Telefonnetzen oder Firmen stehen, sie sind ein Risiko, doch die NSA nutzt das aus statt für Sicherheit zu sorgen. (Details zu NSA-Trojanern)
- Die NSA kauft Sicherheitslücken in kommerzieller Software auf dem Graumarkt. (Details zu NSA-Einkäufen)
ore/juh