China Photoshop-Panne entlarvt Propagandafoto
Chinesische Behörden haben sich mit einem manipulierten Foto im Internet blamiert: Drei Beamte wurden bei einer vermeintlichen Bau-Inspektion so schlecht ins Bild montiert, dass Blogger sich vor Häme überbieten. Der Fall erinnert an andere peinliche Propaganda-Patzer.
Hamburg - Das Foto sollte den wirtschaftlichen Fortschritt dokumentieren - doch nun hat es gute Chancen auf den Preis für die schlechteste Manipulation: Zu sehen ist eine akkurat geteerte breite Straße. Sie wird von drei zufriedenen Männern begutachtet. Doch eins sticht sofort ins Auge: Die Herren scheinen über dem Asphalt zu schweben. Ein Wunder? Nein, eine außergewöhnlich schlechte und peinliche Bildmanipulation chinesischer Behörden.
Stolz hatte die Kreisverwaltung von Huili in der südwestchinesischen Provinz Sichuan Mitte Juni das Foto vom Kontrollgang dreier lokaler Beamter auf ihrer Web-Seite veröffentlicht. Mit dem Foto wollte sie wohl zeigen, wie gut der Ausbau der Infrastruktur vorankommt.
Doch die PR-Aktion ging gründlich daneben. Kaum war das Bild im Netz, prangerten Blogger die schlechte Bildmanipulation an. "Selbst ein Amateur wie ich erkennt, dass hier mit Photoshop gearbeitet wurde - und die haben die Nerven, so was auf ihre Homepage zu stellen", schrieb ein empörter Kommentator.
Als die Verwaltung von Huili bemerkte, dass ihr Foto-Coup gründlich danebengegangen war, nahm sie das Bild schnell von der Seite - und schob in einem Blog eine kuriose Erklärung hinterher: Ein Beamter habe das Bild versehentlich ins Netz gestellt - der Fotograf habe aus verschiedenen Motiven eine Montage gebastelt, weil ihm die Originalfotos nicht gefallen hätten.
Die Netzgemeinde drehte den Spieß um
Doch im Netz sorgt die befremdliche Erklärung nur für weiteren Hohn. Kreative Bildbearbeiter machten sich einen Spaß daraus, die drei chinesischen Beamten in verschiedenste Motive zu montieren: Die Männer tauchen in Erotik-Szenen auf, stehen zwischen Dinosauriern, spazieren auf dem Mond herum oder inspizieren mit dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong Il die neue Straße. Auf einer Web-Seite werden neben den Fake-Fotos auch die angeblichen Originale gezeigt.
Eigentlich hätte der chinesischen Behörde von Anfang an klar sein müssen, dass die schlechtgemachte Manipulation auffliegen würde. Denn PR-Profis hatten in der Vergangenheit bereits sehr viel diskreter probiert, Bilder zu verfälschen - und machten sich so zum Gespött.
Dem Ölkonzern BP unterlief während der Ölpest im Golf von Mexiko eine peinliche Panne. Das Unternehmen veröffentlichte ein Foto, auf dem das Katastrophenzentrum zu sehen war, von dem aus BP die Krise managte. Zu sehen waren Schattenumrisse von BP-Mitarbeitern vor gigantischen Videoschirmen, die Details von der Katastrophe abbildeten. Doch dann musste der Konzern einräumen, dass mehrere der Bildschirme eigentlich schwarz waren. Ein Firmen-Fotograf hatte mit Hilfe von Photoshop nachträglich Bilder der Katastrophe auf die Monitore retuschiert.
Bei Sarkozy kam der Bauchspeck weg
Ähnlich peinlich erging es Siemens
: Als 2005 die Luxusuhr des damaligen Chefs Klaus Kleinfeld, die so gar nicht zu den Sparplänen des Unternehmens passte,
plötzlich von einem Bild verschwunden war, musste der Konzern sich erklären.
Doch auch Journalisten schrecken vor Bildmanipulationen nicht zurück. 2007 retuschierten Redakteure der französischen Zeitschrift "Paris Match" auf einem Urlaubsfoto von Präsident Nicolas Sarkozy kurzerhand den Bauchspeck weg. Der Bayerische Rundfunk (BR) geriet im Juli 2003 wegen der schwitzenden Kanzlerin in Erklärungsnot. Auf der Sender-Homepage erschienen damals mehrere Fotos von Angela Merkel bei den Wagner-Festspielen in Bayreuth. Auf einem Bild fehlte ein Schweißfleck auf dem Kostüm der Kanzlerin - während er auf anderen Fotos deutlich zu sehen war. Der BR schob die Schuld auf einen freien Mitarbeiter.
Bildmanipulationen gibt es nicht erst seit dem Computerzeitalter. Schon Stalin ließ Kontrahenten nachträglich von Fotos beseitigen, um sie aus der geschichtlichen Erinnerung zu löschen. Auf späteren Bildern einer Rede, die Sowjet-Führer Lenin am 5. Mai 1920 auf dem Swerdlow-Platz in Moskau hielt, waren die Stalin-Konkurrenten Trotzki und Kamenew verschwunden. Sie wurden auf dem Bild durch fünf Holzstufen ersetzt. Später ließ sich Stalin neben den todkranken Lenin in ein Bild retuschieren, um sich als legitimen Nachfolger des Sowjet-Führers zu zeigen.
Iran blamierte sich mit manipulierten Raketenbildern
Dass Manipulationen im Internetzeitalter selbst für totalitäre Regime ein schwieriges Unterfangen sind, musste die iranische Regierung erfahren: Um eine fehlgezündete Rakete bei einem Waffentest 2008 zu kaschieren, ließ sie ein Geschoss mitsamt Schweif über den Blindgänger kopieren. Zwei der vier Qualmwolken, die nach dem Abschuss über den Boden waberten, sahen auf dem Bild exakt gleich aus. Die Nachrichtenagentur AFP verbreitete das Bild zunächst - als der Betrug aufflog, zog die Agentur das Foto zurück.
Dass selbst ein moderner Software-Konzern nicht vor Bildbearbeitungspannen gefeit ist, demonstrierte Microsoft
2009 eindrucksvoll.
Für seine polnische Web-Seite retuschierte das Unternehmen aus einem Bild einfach den Kopf eines dunkelhäutigen Mannes weg und setzte auf die Schultern einfach den Kopf eines Weißen. Der Schwindel flog auf - denn die dunkelhäutige Hand des Mannes war noch immer zu sehen.
mmq