Pew-Nutzungsumfrage Nachrichtenkonsum in den USA steigt - im Web
Die Zeitungen verlieren, aber die Nachrichtenmedien gewinnen insgesamt: Laut einer Umfrage des unabhängigen Pew-Instituts verbringen US-Bürger mehr Zeit damit, das Zeitgeschehen zu verfolgen - und einige Tageszeitungen gewinnen sogar ein überdurchschnittlich junges Publikum.
So ganz hat ein neues Medium noch nie ein altes ersetzt - diese These hat vor fast einem Jahrhundert der Chefredakteur der "Nürnberger Zeitung" formuliert, und bislang hat kein Medienumbruch das sogenannte Rieplsche Gesetz widerlegt. Auch wenn es für viele Tageszeitungen nicht gut aussieht, zeichnet die neueste Befragung des unabhängigen US-Instituts "Pew Research Center for the People & the Press" ein differenziertes Bild der Entwicklung im Mediengeschäft. Kernbotschaft: US-Bürger verbringen heute mehr Zeit damit, Nachrichten zu verfolgen als noch im Jahr 2000.
Genauer gesagt: Auf die Frage, wie lange sie welche Medien am Vortag für den Nachrichtenkonsum genutzt haben, antworteten US-Bürger den Pew-Forschern 2000 so, dass die Sozialforscher einen durchschnittlichen Nachrichtenkonsum von 59 Minuten ausrechneten.
2010 errechneten die Forscher auf Basis der Selbstauskünfte einen Durchschnittswert von 70 Minuten. Das ist einer der höchsten Werte seit Mitte der neunziger Jahre, und dabei haben die Pew-Forscher in die aktuellen Zahlen die Angaben zum Nachrichtenkonsum auf Mobilgeräten noch gar nicht eingerechnet. Während die mit Fernsehnachrichten verbrachte Zeit leicht gestiegen ist (von 28 auf 32 Minuten), sank die Nutzungsdauer bei Tageszeitungen allerdings von 17 auf 10 Minuten. Die 2000 nicht erfasste Online-Nutzung macht 2010 ganze 13 Minuten aus - dieser Anstieg kann nicht allein auf Kosten der Tageszeitungen gehen.
Diese Zahlen lassen sich allerdings nicht so interpretieren, dass mehr US-Bürger Nachrichten verfolgen. Es scheint vielmehr so, dass die ohnehin stark an Nachrichten interessierten Bevölkerungsgruppen die Angebote noch intensiver nutzen. Die Analyse der Pew-Forscher: "Die Gruppen, auf die der Anstieg bei der Nutzungszeit zurückgeht - vor allem Menschen mit hohen Bildungsabschlüssen - sind auch die, welche mit der höchsten Wahrscheinlichkeit digitale und traditionelle Medien nutzen." 69 Prozent der Befragten mit Hochschulabschluss gaben an, am Vortag ein Online-Nachrichtenmedium genutzt zu haben. Insgesamt errechneten die Forscher bei dieser Gruppe einen durchschnittlichen Zeitaufwand für den Nachrichtenkonsum von 96 Minuten am Tag.
Details der Studie zeigen, dass nicht alle Medien gleich von dieser Verschiebung betroffen sind. Nicht alle Tageszeitungen verlieren per se jüngere Nutzer, und Online-Nachrichtenmedien profitieren nicht immer direkt vom Wachstum der Web-Nutzung. Die wichtigsten Erkenntnisse:
- Die Leserschaft gedruckter Tageszeitungen überaltert: 26 Prozent aller befragten US-Bürger sagen, dass sie am Vortag eine gedruckte Tageszeitung gelesen haben, bei Befragten unter 30 Jahren sind es allerdings nur 8 Prozent.
- Einigen Tageszeitungen gelingt es, jüngere Leser zu halten: Hier machen die Pew-Forscher insbesondere die "New York Times", "USA Today" und das "Wall Street Journal" aus. Hier sei mehr als die Hälfte der Leser jünger als 50, bei der "New York Times" seien es sogar zwei Drittel der Befragten, die sich als regelmäßige Leser bezeichnen. Zum Vergleich: 55 Prozent der US-Bevölkerung sind im Alter zwischen 18 und 49 Jahren.
- Online-Leser nutzen Nachrichtenmedien nicht immer direkt: 33 Prozent der Befragten gaben an, dass sie "regelmäßig" Suchmaschinen nutzen, um Nachrichten zu bestimmten Themen zu finden. Damit tragen Aggregatorenseiten wie beispielsweise Google News zur Gesamtminutenzahl des Nachrichtenkonsums bei.
- Dasselbe gelte für Social Networks, die zwar nur von einer kleinen Minderheit, aber mit steigender Tendenz auch als Nachrichtenquelle wahrgenommen und genutzt werden. Entertainment-, Nachrichten-, und kommunikative Nutzung dürften sich hier in einem fließenden Übergang finden. Twitter hingegen spiele bisher keine große Rolle: Nur drei Prozent der Befragten erhielten gelegentlich auf diesem Wege Nachrichten.
Befragt wurden 3006 volljährige Personen vom 8. bis zum 28. Juni telefonisch (Festnetz- und Mobilnummern). Sie durften auf einige Fragen mehrere Antworten geben - daher übersteigt die Summe der Prozentanteile zum Teil 100 Prozent.
lis