Tödliche Messerattacke in Herborn Polizei beklagt hemmungslose Gewalt gegen Beamte
Ein Polizist wurde getötet, ein zweiter schwer verletzt: Die Messerattacke an Heiligabend sorgt bundesweit für Entsetzen. Überwachungskameras sollen zeigen, wie der kurz darauf getötete Beamte in Notwehr noch Schüsse abfeuerte - vergeblich.
Es war eine Routinekontrolle am Bahnhof im hessischen Herborn. Der Zugbegleiter eines Regionalexpresses hatte die Polizei zu Hilfe gerufen, weil sich ein 27-Jähriger einer Kontrolle widersetzte. Als die Polizisten den im Bahnhof stehenden Zug betraten, griff der Täter sie an. Sieben Mal stach der Mann auf einen der Polizisten ein und verletzte ihn im Hals-Schulter-Bereich tödlich - der 46-Jährige starb noch auf dem Bahnhof. Nach Informationen der "Bild"-Zeitung hinterlässt der Mann eine Frau und vier Kinder.
Der zweite Polizist wurde ebenfalls verletzt, ist aber mittlerweile außer Lebensgefahr - er war, genauso wie der Täter, in ein Krankenhaus gebracht worden.
Ermittler haben mittlerweile das Videomaterial aus den Überwachungskameras im Zug ausgewertet. Auf den Bildern ist demnach zu erkennen, dass der kurz darauf getötete Polizist auf den Angreifer geschossen hat - sie sollen zudem zeigen, dass die Schüsse in Notwehr abgefeuert wurden.
Der 27-Jährige hatte zum Zeitpunkt der Tat rund 1,5 Promille Alkohol im Blut, er stand wegen Gewaltdelikten unter Bewährung - gegen ihn erging Haftbefehl wegen Mordverdachts. Der zuständige Staatsanwalt Dominik Mies zeigte sich von der Tat erschüttert: "Wegen der Nichtigkeit einer Fahrscheinkontrolle ist ein Polizist getötet und ein weiterer schwer verletzt worden. Hier ist eine Aggressivität an den Tag gelegt worden, die man selten antrifft."
Vertreter der Polizei beklagten die generell zunehmende Gewalt gegen staatliche Repräsentanten. Immer wieder seien Polizisten bei ihrer täglichen Arbeit gewaltsamen Attacken ausgesetzt, sagte der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt. Selbst einfache Personenkontrollen führten "dann urplötzlich zu Gewaltausbrüchen", vor denen sich die Beamten kaum schützen könnten.
In den vergangenen Monaten wurden Polizisten immer wieder angegriffen. Eine Auswahl:
- Bei einer Demonstration gegen einen Aufmarsch der rechtspopulistischen "Offensive für Deutschland" warfen Linksautonome Flaschen und Steine auf Polizisten.
- In Leipzig warfen Teilnehmer einer Demonstration des islamkritischen Bündnisses Legida Flaschen und Böller auf Polizisten.
- In der sächsischen Kleinstadt Heidenau attackierten Rechtsextreme Polizisten, die eine Flüchtlingsunterkunft bewachten - 30 Beamte wurden verletzt.
Der Polizeigewerkschaftsvorsitzende Wendt äußerte die Befürchtung, dass diese Entwicklung auch Konsequenzen für das Einsatzverhalten der Beamten notwendig machen könnte: "Die Beamten werden misstrauischer, vorsichtiger - und das könnte das Bild der Polizei verändern, weil Bürgernähe verloren geht."
"Die Gewalt gegen die Repräsentanten des Staates ist hemmungslos geworden", sagte Wendt "Focus Online". Betroffen seien nicht nur Polizisten, sondern auch die Beschäftigten von Gerichten oder Jobcentern. Auch weitere Vertreter von Polizei und Behörden hatten sich entsetzt über die Gewalttat in Hessen geäußert.
nck/AFP/dpa