Katholische Kirche Diskret gegen Pegida
Was ist die Position der katholischen Kirche zu Pegida? Auch nach Predigtverboten für "Pegida-Pfarrer" und Mahnungen an Gemeinden fehlt ein klares Wort der Kirchenspitze. Immerhin: Sie zeigt Haltung.
Bisher gab es von Seiten der Kirche keinen Widerspruch gegen Felix Genn, Bischof von Münster, der einem seiner Pfarrer die Predigterlaubnis entzogen hat. Der Grund: Der im niederrheinischen Emmerich offenbar seit Längerem von Funktionen befreite und ruhiggestellte Paul Spätling war bei einer Pegida-Demonstration in Duisburg nicht nur mitgelaufen, sondern hatte dort in vollem Ornat auch flammende Reden geschwungen. Daraufhin verbot ihm der Bischof den Mund.
Laut Canon 764 des "Codex Iuris Canonici" ist es Spätling nun verboten, "innerhalb und außerhalb von Kirchen öffentlich im Namen der Kirche zu sprechen".
Salopp gesagt: Der Mann bekam einen Maulkorb, weil er dieses bei Pegida zu weit aufgerissen hatte. Und für das, was da geredet und gefordert werde, sei "in der katholischen Kirche kein Platz", so Genn.
So direkt hat sich bisher kaum ein kirchlicher Würdenträger von Pegida distanziert. Deutliche Worte fanden aber auch schon andere.
Kein klares Wort von oben
Was fehlt, ist ein klares Wort aus der Spitze der Hierarchie: Offiziell hat die katholische Kirche nach wie vor nicht zu Pegida und Co. Stellung bezogen.
Genau das aber erwartet man von einer so ultra-hierarchischen Organisation. In Frage kommt da der Münchner Kardinal Reinhard Marx, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. Der aber übt sich bisher in salbungsvoll-unbestimmt klingenden Stellungnahmen.
Anders als sein Chef in Rom. Papst Franziskus hatte in seinem programmatischen "Evangelium Gaudium" vorgegeben: "Wir Christen müssten die islamischen Einwanderer, die in unsere Länder kommen, mit Zuneigung und Achtung aufnehmen." Es ist eine Richtlinie, der auch Marx und seine Kollegen folgen.
Unklar ist hingegen die kirchliche Position gegenüber dem konkreten Phänomen Pegida, das die Kirche nicht als "Bewegung" verstehen will. Der "offizielle" Standpunkt bleibt undefiniert und unausgesprochen - Marx laviert, wenn eine Beurteilung gefragt ist.
Missverständliche Signale
So redet er nicht von Ausländerfeinden, wenn es um Pegida geht, sondern von "Verunsicherung, ja Verstörung". Er zeigt Verständnis, schickt aber stets Relativierendes hinterher: So werde leider mit "Vereinfachungen, Schuldzuweisungen, Verschwörungstheorien, politischen Ressentiments" über wichtige, die Menschen bewegende Themen gesprochen.
Marx' bisher deutlichstes Statement: Sein Bekenntnis zum interreligiösen Dialog. Der "Dialog der Liebe" im "ökumenischen Miteinander" könne verdeutlichen, wie man in einer offenen Gesellschaft miteinander umgehen könne. Andersgläubige dürften niemals der "Feind, den es zu verdrängen gilt", sein.
Das ist zumindest relativ konkret - aber vielleicht kann Marx auch gar nicht mehr liefern. Von Amts wegen ist er nicht Chef, sondern Sprecher einer Organisation, die nach eigener Auskunft "zum Studium und zur Förderung gemeinsamer pastoraler Aufgaben" dient.
Von einer Richtlinienkompetenz steht da nichts, und schon gar nicht durch den Vorsitzenden - "Entscheidungen" gibt es nur "gemeinsam". Und die gibt es bisher womöglich deshalb nicht, weil die Kirche versucht, Pegida nicht noch weiter aufzuwerten.
Also versucht Marx, mit Anstand zumindest die richtigen Signale zu geben. So versicherte er etwa Mitte Dezember, dass es "keine oberhirtliche Anweisung" gegen die Teilnahme an Pegida-Demonstrationen gebe. Es müsse aber jeder "überlegen, hinter welchen Transparenten er herläuft. Ich kann nur zu politischer Verantwortung aufrufen!"
Marx reagierte damit auf eine Predigt des Bamberger Bischofs Ludwig Schick. Der hatte am 18. Dezember beispiellos klar Position bezogen:
"Zurzeit gibt es in Deutschland ein Phänomen 'Pegida', das größere Demonstrationen zusammenbringt. Ohne Wenn und Aber lehne ich diese Bewegungen ab (...). Das ist alles nicht christlich. Jeder Christ muss ablehnen, was Spaltung in die Gesellschaft bringt und Ängste schürt."
Das, sagte Marx darauf, sei nicht mit ihm abgesprochen gewesen. Und ließ wieder ein Aber folgen: "Jeder Bischof kann für sich sprechen."
An den Taten sollt Ihr sie erkennen
Marx will den katholischen Widerspruch gegen Pegida und fremdenfeindliche Tendenzen nicht eindämmen, kann ihn aber auch nicht "anordnen". Und möglicherweise will er auch die Katholiken nicht vergrätzen, die dort mitmarschieren.
Denn natürlich gibt es auch in der katholischen Kirche eine rechtskonservative Strömung, die sich mit Begeisterung bei Pegida einbringt - Maulkorb-Pfarrer Spätling ist da nicht allein.
So berichtete auch der Kölner Dompropst Norbert Feldhoff, nach dem Löschen der Dombeleuchtung als Zeichen gegen Pegida habe es wütende Proteste von Gläubigen gegeben und sogar Kirchenaustritte. Das aber, sagte er im Bistum-eigenen Radio, habe ihm gezeigt, "dass es richtig war, so zu handeln".
In Münster will man sich zurzeit weder zum aktuellen Fall noch generell weiter äußern. Von der Bischofskonferenz ist in dieser Sache kein Druck zu erwarten: "Die Jurisdiktion über Geistliche liegt immer beim Diözesenbischof und damit dem Bistum", heißt es dort auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE. Das hört sich nicht so an, als hätte da jemand etwas an Maulkörben für Pfarrer auszusetzen, die den falschen Demonstrationszügen hinterherlaufen.
Auch Fragen darüber, was man den Geistlichen zum Umgang mit Pegida sage, verweist die Bischofskonferenz an die einzelnen Bistümer. Aus denen dringen ja genügend klare Ansagen. Dompropst Feldhoff beendete seine Radio-Botschaft an die Katholiken im Bistum so: "Folgen Sie denen nicht!"