Umstrittene Jesus-Karikatur Frommer Christ zeigt Künstler und Aussteller an
Das Plakat provoziert: Ein überzeugter Christ fühlte sich von dem umstrittenen Jesus-Plakat am Eingang der Kasseler Karikaturen-Ausstellung so beleidigt, dass er nun Anzeige gegen die Urheber erstattetet hat. Das Bild selbst ist mittlerweile verschwunden.
Kassel - Der Streit um das Jesus-Werbeplakat der Caricatura geht in die nächste Runde: Nachdem Kirchenvertreter die Karikatur am Eingang des Kulturbahnhofs bereits heftig kritisiert hatten, erstattete ein 75-jähriger Kasseler jetzt Anzeige gegen den Künstler Mario Lars und Martin Sonntag, den Geschäftsführer der Ausstellung.
Der ehemalige Bestatter beruft sich bei der Anzeige auf den Paragrafen 166 des deutschen Strafgesetzbuches. Dieser stellt Blasphemie unter Strafe, wenn sie den öffentlichen Frieden stört. Der 75-Jährige sagte der Tageszeitung "Hessische/Niedersächsische Allgemeine", er sei kein spröder Mensch, aber diese Karikatur gehe zu weit und stoße viele Gläubige vor den Kopf. Das Motiv zeigt den ans Kreuz genagelten Jesus. Über ihm ragt eine Sprechblase aus dem Himmel, in der zu lesen ist: "Ey ... du ... Ich hab deine Mutter gefickt!"
In einem Interview mit SPIEGEL ONLINE hatte der Caricatura-Geschäftsführer Martin Sonntag das Plakat verteidigt. Eine Sprecherin der Polizei Kassel erklärte, dass zunächst die Beschuldigten vorgeladen würden, um sich zur Sache äußern zu können. Anschließend werde das Verfahren an die Staatsanwaltschaft übergeben, die darüber entscheide, ob eine Anklage erhoben wird. Aufgrund der relativ weitreichenden Meinungsfreiheit gab es in Deutschland bislang nur sehr wenige Fälle, in denen Personen tatsächlich wegen Blasphemie verurteilt wurden.
Mittlerweile ist das Plakat vor dem Kassler Kulturbahnhof verschwunden. "Wir haben es auf Wunsch des Künstlers abgenommen", sagte ein Sprecher der Caricatura-Geschäftsleitung. Mit der Anzeige habe dies jedoch nichts zu tun, versicherte er. Dem Karikaturisten Mario Lars seien die vielen rechtsextremen und islamfeindlichen Kommentare auf Facebook unangenehm geworden, die die Kritik der Kirche unterstützt hatte.
Die Anzeige gegen den Künstler bleibt jedoch bestehen. "Nur, weil sie abgenommen wurde, heißt das nicht, dass wir die Verfolgung der Anzeige einstellen", sagte die Polizeisprecherin der "HNA".
fhu/dapd