NSU-Untersuchungsausschuss in Thüringen Innenminister gesteht "gravierende Fehler"
"Strukturelle Fehler", "handwerkliche Defizite": Bei der Fahndung nach den Mitgliedern der Zwickauer Zelle ist es bei den Thüringer Behörden zu Pannen gekommen. Zu diesem Ergebnis kommt der Untersuchungsausschuss in seinem Abschlussbericht.
Erfurt - Den Thüringer Behörden sind bei der Suche nach dem Neonazi-Trio aus Jena gravierende Fehler unterlaufen. Zu diesem Schluss kommt die von der Landesregierung eingesetzte Untersuchungskommission unter Führung des ehemaligen Bundesrichters Gerhard Schäfer, die in Erfurt ihren Abschlussbericht vorlegte.
Innenminister Jörg Geibert (CDU) sprach von "handwerklichen und strukturellen Defiziten". Polizei, Verfassungsschutz und Justiz hätten nicht so professionell gearbeitet, wie es zu erwarten gewesen sei. "Der Bericht zeigt gravierende Fehler bei Verfassungsschutz, Polizei und Staatsanwaltschaft auf." Es habe unter anderem an Abstimmungen, Informationsweitergaben und Auswertungen von Erkenntnissen gemangelt.
Der Bericht entkräfte jedoch Spekulationen, wonach die Rechtsterroristen Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe staatlich gedeckt worden seien. Sie hätten auch nicht als V-Leute gearbeitet.
Geibert kündigte Konsequenzen für die Sicherheitsbehörden in Thüringen an, um künftig Informationsverluste zu vermeiden. "Die Arbeit und Zusammenarbeit muss verbessert werden", sagte er. Besonderes Augenmerk werde dabei auf das Landesamt für Verfassungsschutz gelegt, dessen Organisation jetzt umfassend überprüft werden soll.
Der ehemalige Bundesrichter Schäfer nannte die Arbeit des Thüringer Verfassungsschutzes ein "sehr belastendes Kapitel". Zwar hätten die Verfassungsschützer aus verschiedenen Quellen gute Kenntnisse über das Trio gehabt, diese aber nicht einmal systematisch zusammengestellt. Der Umgang mit den Kenntnissen sei fehlerhaft gewesen, sagte Schäfer. Der Verfassungsschutz habe sein Wissen nicht an andere Behörden weitergegeben.
Die dreiköpfige Kommission hatte für den Bericht zahlreiche Akten durchgesehen und etliche Zeugen befragt. Es ist das erste unabhängige vorliegende Gutachten, das die Ereignisse untersuchte, die zum Entstehen der rechtsextremen Terrorzelle geführt haben.
Die Neonazi-Gruppe war 1998 untergetaucht, deutschlandweit sollen ihre Mitglieder zehn Morde an Geschäftsleuten türkischer und griechischer Herkunft, sowie an einer Polizistin begangen haben. Außerdem werden ihnen zwei Sprengstoffanschläge und mehrere Banküberfälle zur Last gelegt.
jbr/aar/dpa/dapd