SS-Helfer USA liefern 95-jährigen NS-Lageraufseher nach Deutschland aus
Die USA haben einen früheren SS-Helfer nach Deutschland abgeschoben. Es gilt allerdings als unwahrscheinlich, dass der 95-jährige Jakiv Palij vor Gericht gestellt wird.
Am frühen Dienstagmorgen ist der 95-jährige Jakiv Palij auf dem Flughafen Düsseldorf gelandet. Wie das Weiße Haus bestätigte, wurde der ehemalige Aufseher im NS-Zwangsarbeiter- und Ausbildungslager Trawniki nach Deutschland ausgeliefert - 14 Jahre nachdem ein US-Richter dies angeordnet hatte.
Der gebürtige Pole Palij wurde laut US-Regierung 1943 im von den Deutschen besetzten Trawniki zum Helfershelfer der SS ausgebildet. Er war bewaffnet und damit beauftragt, Gefangene an der Flucht zu hindern. Er habe durch seine Arbeit zu den "unmenschlichen Lebensbedingungen" im Lager beigetragen, teilte die US-Botschaft in Berlin mit. Palijs Einreise 1949 in die USA war ihm bewilligt worden, weil er angegeben hatte, Landwirt und Fabrikarbeiter zu sein. 1957 wurde er US-Staatsbürger.
Zuletzt hatte Palij in New York gelebt. Obwohl ein Richter bereits im Jahr 2004 seine Ausreise angeordnet hatte, lebte er weiter unbehelligt in seiner Wohnung im Stadtteil Queens - weil kein Land ihn aufnehmen wollte.
Laut Informationen der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" wurde der gebrechliche Mann nach seiner Ankunft in Düsseldorf per Krankentransport in eine Altenpflegeeinrichtung im Landkreis Warendorf bei Münster gebracht.
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Was weiter mit Palij geschieht, ist unklar. US-Senatoren, Kongressabgeordnete und Vertreter der jüdischen Gemeinden hatten stets betont, dass Personen, die dem NS-Unrechtsregime gedient haben, ihren Lebensabend nicht unbehelligt in den Vereinigten Staaten verbringen sollen.
Der amerikanische Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, sagte der "F.A.Z"., es sei dem neuen Kabinett der Kanzlerin zu verdanken, "dass es einen neuen Anlauf im Fall des Nazi-Lageraufsehers Jakiv Palij gab". "Wir sind dankbar für diesen Beitrag, den Opfern des Holocaust und ihren Familien bei der abschließenden Verarbeitung der Ereignisse ein Stück weiterzuhelfen."

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Mit der Aufnahme Palijs setze die Bundesregierung ein "klares Zeichen der moralischen Verantwortung Deutschlands", hieß es am Dienstag aus dem Auswärtigen Amt in Berlin. Die US-Botschaft in Berlin teilte mit, die Abschiebung nach Deutschland sei für Präsident Donald Trump ein "vorrangiges Anliegen" gewesen. Sie dankte der Bundesregierung für ihre Mitarbeit.
Die Staatsanwaltschaft Würzburg leitete laut "Bild" 2015 Ermittlungen gegen Palij ein, stellte das Verfahren aber mangels Beweisen wieder ein. Nun liege die Sache mit dem Aktenzeichen AR-Z 10/15 als "Vorermittlungsvorgang" bei der Zentralstelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen in Ludwigsburg. Dass der hochbetagte Palij in Deutschland vor Gericht gestellt wird, gilt allerdings als äußerst unwahrscheinlich.
ala/AFP/AP