Bin Ladens Leben in Pakistan Terrorfürst, ganz privat
Homestory aus dem Haus des Terrors: Der US-Geheimdienst hat Videos von Osama Bin Ladens Leben in Pakistan veröffentlicht. Sie stammen aus dessen eigenem Besitz - und zeigen einen alten Mann, der in sich selbst verliebt scheint. Was verraten die Bilder über die Organisationsstruktur der Qaida?
Washington - Es ist ein Osama Bin Laden, wie ihn die Öffentlichkeit bislang nicht kannte: Die US-Regierung hat Videos freigegeben, die den Terrorfürsten in seinem pakistanischen Versteck zeigen, aufgenommen vor seinem Tod. Die US-Kommandoeinheit, die Bin Laden in der Nacht zu Montag getötet hat, stellte die Aufnahmen sicher, an diesem Samstag wurden sie nun von der US-Regierung freigegeben.
Einer der Filme zeigt den alt anmutenden Qaida-Chef mit grauem Haar und Bart. Gebeugt sitzt er mit einer Decke über den Schultern und einer Strickkappe auf dem Kopf vor dem Fernseher. Mit einer Fernbedienung in der Hand betrachtet er seine eigenen Videoclips, während er gelegentlich nickend vor- und zurückwippt.
Ganz anders präsentierte sich Bin Laden in seinen offiziellen Videobotschaften. So auch in einer bis dahin unbekannten Botschaft an die USA, in der er nach Ermittlerinformationen gegen den Kapitalismus wettert. Für das Video hat sich der offensichtlich gesundheitlich angeschlagene Top-Terrorist Haare und Bart schwarz gefärbt. Er wirkt geschminkt.
Einblick in Bin Ladens Privatleben
Für den US-Geheimdienst gilt das Videomaterial als Beleg dafür, dass der Qaida-Chef bis zu seinem Tod "aktiv" gewesen ist und seiner Terrorgruppe aus seinem Versteck in Abbottabad Anweisungen erteilt hat. Das dort beschlagnahmte Material sei der "wichtigste" Fund von Terrorvideos aller Zeiten, sagte ein ranghoher US-Geheimdienstvertreter.
Aber nicht nur für die Ermittler ist das Material interessant. Die fünf Filme ermöglichen auch der Öffentlichkeit einen ersten Einblick in Bin Ladens Leben in seinem Versteck in Abbottabad.
Bin Laden war in der Nacht zum Montag von einem US-Sonderkommando in Pakistan aufgespürt und getötet worden. An diesem Samstag lud das Pentagon nun eine Reihe ausgewählter US-Journalisten zu einem Briefing, um tonlose Kopien der Filme auszugeben. Der Wortlaut der Botschaften soll geheim bleiben. Das Material gehört zu über hundert Audio- und Videodokumenten, die amerikanische Spezialkräfte beim Sturm auf Bin Ladens Anwesen in Abbottabad, nahe der pakistanischen Hauptstadt Islamabad, sichergestellt haben.
Handy-Gespräch soll Bin Laden verraten haben
Aus Ermittlerkreisen in Washington drang unterdessen an die Öffentlichkeit, dass ein privates Telefonat die Fahnder auf die Spur des Top-Terroristen geführt hat. Demnach erregte ein Handy-Gespräch von Bin Ladens Kurier mit einem alten Freund die Aufmerksamkeit des US-Geheimdienstes. Der Freund habe den Kurier, Abu Ahmed al-Kuwaiti, gefragt, wo er denn so lange gesteckt habe. Daraufhin habe der geantwortet: "Ich bin wieder bei den Leuten, bei denen ich früher war."
Als die Agenten dieses Gespräch mitgehört hätten, sei ihnen klar gewesen, dass sie auf eine heiße Spur geführt worden seien, so die "Washington Post". Dabei galten auf dem Bin-Laden-Grundstück eigentlich strenge Vorsichtsmaßnahmen: So habe es auf dem Gelände in Abbottabad, auf dem sich der Top-Terrorist versteckt hielt, weder Telefon-, noch Internet-, noch Fernsehleitungen gegeben. Mitarbeiter des Qaida-Chefs seien zum Telefonieren 90 Minuten weit weg gefahren. Erst dann hätten sie die Batterien in ihre Handys gelegt.
mik/dpa/AFP