Transparenzbericht der EU Mehr Licht in die Blackbox
Mehr Offenheit bei Handelsabkommen, strengere Regeln für Lobbyarbeit: Das Europaparlament will die EU transparenter machen. Ärger gab es um deutsche Christdemokraten.
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Die EU, der undurchsichtige Moloch - Brüsseler Politiker und Beamte wissen um dieses Image, auch wenn es in der EU-Hauptstadt in vielerlei Hinsicht transparenter zugeht als in mancher nationaler. Das Europaparlament hat deshalb nun mit großer Mehrheit gefordert, die Verhältnisse zu verbessern.
So sollen alle EU-Institutionen, die noch über keinen Verhaltenskodex verfügen, dies schnellstens nachholen, lautet eine der Forderungen in dem Bericht, den das Parlament am Donnerstag verabschiedet hat. Auch sollen offizielle Dokumente für die Öffentlichkeit leichter zugänglich werden, insbesondere solche über Verhandlungen zu Handelsabkommen wie TTIP oder Ceta. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte Ähnliches bereits am Mittwoch in seiner Rede zur Lage der EU versprochen.
Darüber hinaus soll es nach dem Willen des Parlaments ein möglichst verbindliches Transparenzregister über Treffen mit Lobbyisten geben. Es soll offenlegen, wer die Interessenvertreter unterstützt und bezahlt. Abgeordnete sollen nur noch Lobbyisten treffen dürfen, die in dem Register erfasst sind. Zugleich fordert das Parlament, dass eine vergleichbare Vorschrift im Rat der Mitgliedstaaten eingeführt wird.
Christdemokraten forderten Wahrheitspflicht für NGOs
Ärger gab es um eine Reihe von Änderungsanträgen deutscher Christdemokraten, die Lobbyregeln abschwächen und Maßnahmen zum Schutz von Whistleblowern in EU-Institutionen streichen wollten. Für besondere Empörung sorgte die Forderung, dass Nichtregierungsorganisationen nur dann Fördergelder erhalten sollten, "wenn sie überprüfbare Fakten vorbringen" und nicht "nachweislich Unwahrheiten verbreiten". "Staatliche Wahrheitsprüfungen passen zu Russland, Kuba oder Venezuela, nicht aber zur Meinungsfreiheit Europas", meinte der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold, Initiator des Transparenzberichts.
Der CDU-Abgeordnete Markus Pieper rechtfertigte dagegen den Vorstoß. "Es gibt Dinge, die aufgrund wissenschaftlicher Expertise unumstößlich bekannt sind", so Pieper. "Die EU-Kommission könnte NGOs auf dieser Basis prüfen." Es sei nicht einzusehen, "dass wir viel Geld ausgeben für eine Organisation, die mit Fake News unterwegs ist". Pieper warf den Grünen zudem Doppelmoral vor, denn bei NGOs nähmen sie es mit der Transparenz nicht so genau - etwa was die Weiterverteilung von Fördermitteln an andere NGOs betreffe. "Wir hätten gern Transparenz über diese Querverbindungen, um zu erfahren, wer die Endbegünstigten sind", sagt Pieper.
Giegold hält dem entgegen, dass sein Bericht fordere, die Finanzierung aller Lobbyorganisationen ab Beträgen von 3000 Euro offenzulegen - und das gelte auch für NGOs und Verbände. Pieper dagegen wolle nur die NGOs ins Visier nehmen.
Am Ende konnten sich die Christdemokraten mit den meisten Änderungsanträgen nicht durchsetzen. Das Parlament verabschiedete den Bericht mit 368 zu 161 Stimmen bei 60 Enthaltungen.
Nun bleibt abzuwarten, ob und wie die anderen EU-Institutionen auf die Forderungen reagieren. Wenig hilfreich könnte in dieser Hinsicht sein, dass die Abgeordneten bei sich selbst weniger ehrgeizig waren als bei anderen, etwa was die Beschäftigung nach einem Ausscheiden aus dem Parlament betrifft. Hier legten sie "bei sich lockerere Maßstäbe an als bei Mitarbeitern der EU-Kommission", kritisiert Giegold. "Bei der Selbstverpflichtung zu mehr Lobbytransparenz und den Regeln für Seitenwechsel haben sich die Abgeordneten geschont."
Zusammengefasst: Das Europaparlament will die EU transparenter machen: Dokumente, etwa zu Handelsabkommen, sollen leichter zugänglich und die Regeln für den Kontakt mit Lobbyisten verschärft werden. Allerdings wollen die Abgeordneten bei sich selbst weniger strenge Maßstäbe anlegen als etwa bei der EU-Kommission.