Europäischer Staatsakt für Kohl Anklänge an Adenauer
Kommissionschef Juncker will seinen Förderer Helmut Kohl mit einem europäischen Staatsakt in Straßburg ehren. Per Schiff soll der Leichnam dann nach Speyer gebracht werden. Das erinnert an die Beerdigung des ersten Bundeskanzlers.
Der europäische Staatsakt für Helmut Kohl nimmt Gestalt an. Nach Informationen des SPIEGEL ist angedacht, dass der Staatsakt in spätestens ein bis zwei Wochen im Europäischen Parlament in Straßburg stattfinden soll. "Wir sind gerade bei den Vorbereitungen", sagte eine Sprecherin der EU-Kommission. Bei der Gedenkfeier wären die Spitzen der Europäischen Union und Weggefährten Kohls eingeladen. Die Gästeliste wird in engem Kontakt mit der Familie Kohl, aber auch mit dem Kanzleramt erstellt.
Es wäre der erste derartige Staatsakt in der europäischen Geschichte, ins Gespräch brachte diesen Vorschlag der Chef der EU-Kommission Jean-Claude Juncker, politischer Ziehsohn und Freund Kohls. "Schon zu Lebzeiten wurde Helmut Kohl mit der Ehrenbürgerschaft Europas ausgezeichnet, um seine außerordentlichen Verdienste zu würdigen", sagte Juncker der "Bild am Sonntag". "Deshalb gebührt Helmut Kohl nun auch ein europäischer Staatsakt, für den ich mich persönlich einsetzen werde."
Kohl war einer von nur drei europäischen Ehrenbürgern, neben dem europäischen Gründervater Jean Monnet und dem früheren Kommissionspräsidenten Jacques Delors. Der langjährige Bundeskanzler und Wegbereiter der Wiedervereinigung war am Freitagmorgen im Alter von 87 Jahren in seiner Heimatstadt Ludwigshafen gestorben.
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Auf dem Sarg die EU-Flagge
Angedacht ist, dass auf dem Sarg Kohls bei dem Staatsakt die EU-Flagge liegen wird, geplant ist zudem, dass Kohls Leichnam danach mit dem Schiff über den Rhein zur Totenmesse nach Speyer gebracht wird. Der Dom in Speyer ist so etwas wie Kohls Hauskirche. Auch die Trauerfeier für Kohls erste Ehefrau Hannelore hatte hier stattgefunden, sie hatte sich 2001 das Leben genommen. Kohl hatte dort 2011 an der Feier zum 950. Dom-Geburtstag teilgenommen. Eine offizielle Bestätigung für die Einzelheiten der Trauerfeierlichkeiten gibt es derzeit nicht. Die Organisation hat jedoch begonnen, deutsche Behörden übernehmen dabei die führenden Rolle.

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Mit den Überlegungen werden Erinnerungen an die Trauerfeierlichkeiten für den ersten deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer im April 1967 wach. Zu den Staatsgästen, die im Kölner Dom dabei waren, zählten Frankreichs Präsident Charles de Gaulle, US-Präsident Lyndon B. Johnson, Großbritanniens Premier Harold Wilson und Israels früherer Premier David Ben-Gurion. Adenauer-Biograf Hans-Peter Schwarz bezeichnete die Trauerfeierlichkeiten als "ein großes Staatsbegräbnis der freien Welt", mehr als 400 Millionen Menschen sollen die Feierlichkeiten damals am Fernseher verfolgt haben.
Nach der Trauerfreier im Kölner Dom war Adenauers Leichnam ebenfalls mit einem Schiff nach Rhöndorf gebracht worden, wo der Altkanzler bis zu seinem Tod gelebt hatte. "Ein Schnellboot der Marine nimmt den Sarg an Bord, das Passagierschiff 'Deutschland' gibt Geleit rheinaufwärts nach Rhöndorf", schreibt der Bonner Generalanzeiger in einem Erinnerungsstück. "Wieder säumen Tausende den Weg, diesmal in endloser Folge am Ufer zu beiden Seiten des Rheins aufgereiht (...). Ein Begräbnis wie für einen König."