Massendemo vor der Wahl Georgien steht auf für den Machtwechsel
Es könnte eng werden für Georgiens Präsident Saakaschwili. Kurz vor der Wahl am Montag protestierten Hunderttausende Menschen gegen die Regierung - es ist eine der größten Demonstrationen in der Geschichte Georgiens. Rivale Iwanischwili rechnet mit dem Sieg: "Seht, wie viele wir sind."
Tiflis - Bei einer der größten Kundgebungen in der Geschichte Georgiens haben vor der Parlamentswahl etwa 200.000 Regierungsgegner in der Hauptstadt Tiflis für einen Machtwechsel demonstriert. Auch in der zweitgrößten Stadt Kutaissi versammelten sich Zehntausende Unterstützer der Bewegung Georgischer Traum des Milliardärs Bidsina Iwanischwili. Sie will bei der Abstimmung am Montag die Partei von Präsident Micheil Saakaschwili, die Vereinte Nationale Bewegung, im Parlament der Südkaukasusrepublik ablösen.
Saakaschwili schwor im Westen der Ex-Sowjetrepublik am Schwarzen Meer seine Anhänger auf eine Entscheidungswahl ein. "Es geht nicht um das Schicksal der Regierung, nicht um das Schicksal Saakaschwilis, sondern um das Schicksal Georgiens", sagte der Staatschef am Samstagabend in der Stadt Osurgeti.
In Tiflis herrschte Volksfeststimmung. Im Zentrum war kein Durchkommen, viele Straßen waren für den Verkehr gesperrt. Zahlreiche Menschen schwenkten Fahnen und trugen blaue T-Shirts der Bewegung Georgischer Traum. Augenzeugen meinten, es seien weit mehr Menschen auf der Straße als bei der friedlichen "Rosenrevolution" von 2003, mit der Saakaschwili den damaligen Präsidenten Eduard Schewardnadse aus dem Amt gedrängt hatte. Die Opposition sprach von 600.000 Teilnehmern in Tiflis sowie 100.000 in Kutaissi.
"Der Tag der Geburt eines neuen Georgiens naht", rief Iwanischwili der Menge zu. Sie sollten sich nicht von "Saakaschwilis Bande" einschüchtern lassen. "Seht, wie viele wir sind", sagte Iwanischwili. Mit dem Sieg von Georgischer Traum würden Gesetz und Ordnung wieder einkehren, versprach er.
Saakaschwili hofft noch auf den Sieg
Saakaschwili versuchte, an der Schwarzmeerküste noch Stimmen zu sammeln. In der Stadt Poti nahm der Staatschef an der Einweihung einer Kirche teil. Die Bevölkerung in der Ex-Sowjetrepublik ist sehr religiös. Ein Video auf seinem offiziellen YouTube-Kanal zeigte Saakaschwili umringt von Kindern. Am Vortag hatte er sich bei einer Großkundgebung in einem Stadion in Tiflis kämpferisch gezeigt. Die Wahl werde "entscheidend" für Georgiens Zukunft, sagte er. Medienberichten zufolge kamen etwa 60.000 Unterstützer.
Der Wahlkampf war auch durch einen Folterskandal in den Gefängnissen aufgeheizt worden. Wegen unmenschlicher Behandlung von Häftlingen nahm die Polizei einen hochrangigen Mitarbeiter eines Gefängnisses in Kutaissi fest. Damit sind nun 19 Beschuldigte in dem Skandal in Haft, der vor knapp zwei Wochen durch Videoaufnahmen publik geworden war.
Parlamentspräsident David Bakradse, zugleich Spitzenkandidat von Saakaschwilis Vereinter Nationaler Bewegung, kündigte eine freie und demokratische Wahl an. Oppositionsvertreter klagen hingegen über eine Atmosphäre der Einschüchterung. Dutzende Regierungsgegner wurden während Kundgebungen festgenommen. Die Polizei bestreitet politische Motive. Zahlreiche ausländische Beobachter wollen die Abstimmung überwachen, davon mehr als 300 von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa.
Saakaschwili bemüht sich mit der regierenden Vereinten Nationalen Bewegung (ENM) um eine engere Anbindung Georgiens an EU und Nato. Kritiker werfen ihm eine autokratische Amtsführung vor. Iwanischwili und die von ihm gegründete Partei Georgischer Traum wollen die Beziehungen zu Russland wieder normalisieren. Von Saakaschwilis Regierung wird Iwanischwili als Marionette Moskaus bezeichnet.
rom/dpa/dapd