Wütende Proteste in Soma Premier musste in Supermarkt flüchten
Für Erdogan wird der Mineneinsturz im türkischen Soma nicht nur politisch brenzlig: Der türkische Ministerpräsident musste bei seinem Besuch in der Stadt unter Polizeischutz in einen Supermarkt flüchten. Demonstranten beschimpften ihn als "Mörder".
Soma - Nach dem Grubenunglück in Soma richten sich wütende Proteste gegen Recep Tayyip Erdogan: Der türkische Ministerpräsident musste unter Polizeischutz in einen Supermarkt flüchten, als er die Bergarbeiterstadt besuchte. Die Demonstranten schrien "Mörder" und forderten den Rücktritt von Erdogans Regierung.
Die Zahl der Toten beim schwersten Grubenunglück in der Geschichte der Türkei ist nach Angaben der Regierung auf 282 gestiegen. In den vergangenen zwölf Stunden seien aus dem Kohlebergwerk Soma keine Kumpel mehr lebend geborgen worden, sagte Energieminister Taner Yildiz laut der Nachrichtenagentur Anadolu.
Viele Türken machen Erdogan und seine Regierung für den Tod der Bergarbeiter verantwortlich: Nach Angaben von Oppositionspolitikern hatte Erdogans AKP im Parlament erst vor drei Wochen die Einsetzung einer Kommission abgeschmettert, die die prekäre Sicherheitslage in den türkischen Kohlebergwerken untersuchen sollte.
Zudem werfen sie Erdogan Arroganz im Umgang mit der Katastrophe vor: Bei einer Ansprache am Mittwoch in Soma hatte er jede Verantwortung zurückgewiesen und erklärte, "Arbeitsunfälle ereigneten sich überall in der Welt". Daraufhin kam es zu aggressiven Protesten, zahlreiche Kumpel und Opferangehörige traten mit Füßen gegen seine Limousine. Einer seiner Berater trat in Soma auf einen am Boden liegenden Demonstranten ein.
Auch in Ankara und Istanbul demonstrierten am Mittwochabend mehrere tausend Menschen gegen Erdogan und seine Regierung, die Polizei ging mit Tränengas und Wasserwerfern gegen die Menge vor. Der Gewerkschaftsbund KESK, der den Öffentlichen Dienst vertritt, erklärte: "Diejenigen, die Privatisierungen vorantreiben und zur Kostenreduzierung die Leben von Arbeitern aufs Spiel setzen, sind die Schuldigen des Massakers von Soma und müssen zur Rechenschaft gezogen werden." Er rief seine 240.000 Mitglieder aus Solidarität mit den Opfern und aus Protest gegen die Regierung zu einem Streik auf.
ade/AFP