"Islamischer Staat" Frankreich beginnt mit IS-Aufklärungsflügen
Kurz vor Beginn einer internationalen Konferenz gegen den IS in Paris startet Frankreich mit ersten Erkundungsflügen im Irak. Die Terrormiliz breitet sich indes weiter aus: In Algerien wechseln Qaida-Kämpfer die Seiten.
Paris/Algier/New York - Der Kampf einer internationalen Koalition gegen den "Islamischen Staat" (IS) rückt näher. Am Montag treffen sich in Paris Vertreter von bis zu 20 Staaten zu einer internationalen Konferenz, um konkrete Schritte gegen die Terrormiliz zu beschließen. So soll etwa beschlossen werden, welchen Beitrag die beteiligten Länder jeweils im Kampf gegen den IS leisten. Zum Auftakt soll Frankreichs Präsident François Hollande sprechen, erwartet werden auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, der irakische Präsident Fuad Masum und der Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil al-Arabi.
Frankreich, das sich auch an Luftschlägen gegen die Dschihadisten beteiligen will, startet bereits am Montag erste Aufklärungsflüge im Irak. Die Flüge sollen am Morgen beginnen und sind mit der Regierung im Irak abgestimmt, wie Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian bei einem Besuch in den Vereinigten Arabischen Emiraten mitteilte. Dort sind französische Kampf- und Überwachungsflugzeuge stationiert.
Auf der Konferenz in Paris bat der irakische Präsident Fuad Masum explizit um militärische Hilfe. Sein Land benötige vor allem Unterstützung durch Luftangriffe, sagte er dem Sender Europe 1. Bundesaußenminister Steinmeier hatte vor Beginn des Treffens gesagt, humanitäre Hilfe für den Irak reiche nicht aus, aber auch militärische Unterstützung sei nicht allein die Lösung. Nötig sei eine politische Lösung des Konflikts, fügte er nach Angaben eines Sprechers hinzu. Die Konferenz in Paris ist demnach der Auftakt einer Serie von Irak-Konferenzen, von denen auch Deutschland eine am Rande der Uno-Generalversammlung in New York organisieren werde.
Konkurrenzkampf der Terrornetzwerke
Der IS gewinnt in der islamischen Welt indes offenbar weiter an Einfluss: In Algerien hat sich eine Gruppe radikaler Islamisten vom Terrornetzwerk al-Qaida losgesagt und dem IS die Treue geschworen. Die neue Gruppe nannte sich "Kalifat-Soldaten in Algerien" und erklärte, al-Qaida sei in der Maghreb-Region vom richtigen Pfad abgekommen. Die Splittergruppe, zu der ranghohe Qaida-Mitglieder der Region gehören, wandte sich direkt an IS-Anführer Abu Bakr al-Baghdadi. "Die Männer des 'Islamischen Maghreb' gehören dir. Wenn du befiehlst, werden sie dir folgen", sagten sie.
Damit verschärft sich offenbar die Rivalität zwischen den beiden Extremistengruppen um die Vorherrschaft im internationalen Dschihad weiter. Der IS erhält vermehrt Zulauf von Qaida-Kämpfern, zuletzt in Pakistan. Das Terrornetzwerk versucht dagegenzuhalten und hatte zuletzt eine neue Qaida-Gruppe in Indien gegründet.
Für Algerien könnte die neue IS-Gruppe durchaus zum Problem werden: Zwar hat der Arabische Frühling bislang nicht auf das Land übergegriffen - doch sollten Dschihadisten dort Geld, Kämpfer oder Waffen aus dem Nahen Osten erlangen, könnte dies die Machthaber in Algier in Bedrängnis bringen.
Al-Qaida wies die zuletzt von den USA verbreitete Darstellung als "Lüge" zurück, sie sei auf dem absteigenden Ast. In einer am Sonntag verbreiteten Erklärung vermied die Extremistengruppe jedoch die Nennung des IS. Zwar hätten regionale Qaida-Ableger eine begrenzte Zahl von Fehlern gemacht. Diese stünden jedoch in keinem Verhältnis zu zahlreichen Erfolgen und guten Taten, erklärte Hossam Abd al-Rauf, ein ägyptischer Veteran der Extremistengruppe.
Der Siegeszug des "Islamischen Staats" stellt al-Qaida nicht nur vor personelle Probleme - es geht auch ums Geld. Die Paten des internationalen Terrorismus finanzieren inzwischen lieber den aufstrebenden IS als die angeschlagene Qaida-Miliz. Dabei ist al-Qaida dringend auf Spenden angewiesen - anders als der "Islamische Staat", der mit der Ausbeutung eroberter Gebiete ein Vermögen macht.
Uno-Sicherheitsrat verurteilt weitere Enthauptung
Unterdessen hat der Uno-Sicherheitsrat die Hinrichtung des britischen Entwicklungshelfers David Haines durch die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) als "abscheulichen und feigen Mord" verurteilt. Das Verbrechen zeige "auf tragische Weise die erhöhte Gefahr", der sich Entwicklungshelfer in Syrien jeden Tag aussetzten, hieß es in einer Erklärung, die am Sonntag einstimmig von alles 15 Mitgliedern des Sicherheitsrats verabschiedet wurde. Das Uno-Gremium rief zugleich zu mehr Respekt gegenüber Entwicklungshelfern in Krisengebieten auf und betonte erneut, dass der IS bekämpft werden müsse.
Haines Bruder Mike veröffentlichte indes am Sonntag ein Video, in dem er erklärte, der Islam dürfe nicht für die Taten des IS verantwortlich gemacht werden. Die Gruppe stelle eine "Gefahr für jede Nation, jede Religion, die Politik und für jeden Menschen" dar.
David Haines war im März 2013 in Syrien verschleppt worden. Am Samstag veröffentlichte der IS ein Video, in dem die Enthauptung des 44-Jährigen zu sehen ist. Die Tat löste international Entsetzen aus, unter anderem der britische Premier David Cameron und Bundeskanzlerin Angela Merkel verurteilten die Tat. Haines ist nach James Foley und Steven Sottloff das dritte westliche Hinrichtungsopfer des IS in weniger als vier Wochen.
mxw/puz/AFP/Reuters/dpa