US-Luftangriff auf Mokthar Belmokhtar Jagd auf den Marlboro-Mann
US-Kampfjets haben einen Angriff auf den Osten Libyens geflogen - ihre Bomben galten Mokthar Belmokhtar, al-Qaidas wichtigstem Mann in Afrika. Ob er getroffen wurde, ist unklar.
Es ist der erste US-Luftangriff auf Libyen seit dem Einsatz 2011 zum Sturz von Muammar al-Gaddafi. Mindestens zwei amerikanische F-15E Kampfjets haben mehrere rund 250 Kilogramm schwere Bomben abgeworfen. Ihr Ziel: Mokhtar Belmokhtar.
Mokhtar Belmokhtar ist al-Qaidas wichtigster Mann in Afrika. Seine Anschläge nehmen nicht-muslimische Ausländer ins Visier:
- Er war Drahtzieher der Geiselnahme in Algerien 2013, bei der mindestens 37 Japaner, Briten, Norweger und andere Gastarbeiter getötet wurden.
- Im März dieses Jahres starben bei einem von ihm geplanten Anschlag auf einen Nachtklub in Mali fünf Menschen, darunter zwei Europäer.
Als "der Einäugige", "Marlboro Mann" oder schlicht "MBM" ist er berüchtigt. Sein Auge soll der Algerier als junger Dschihadist in Afghanistan verloren haben. Den zweiten Spitznamen verdankt er seiner erfolgreichen Karriere als Schmuggler auf Routen durch Sahara und Sahelzone. Mit Schmuggel und der Entführung von Ausländern hat er Millionen verdient.
Libyen ist neben Syrien zu einem der wichtigsten Horte für Dschihadisten geworden. Die USA haben in Libyen bereits zweimal eingegriffen auf der Jagd nach Top-Terroristen: 2013 entführten US-Soldaten den libyschen Qaida-Anführer Abu Anas al-Libi, der im Januar an Leberkrebs starb. 2014 nahmen US-Soldaten Ahmed Abu Khatalla gefangen, Bengasi-Anschlagsplaner und Chef der libyschen "Ansar al-Scharia", der in den USA nun vor Gericht steht.
Ob Belmokhtar bei dem schweren US-Luftschlag getötet wurde, ist noch unklar. Dem US-Militär liegt bisher keine forensische Bestätigung vor. Aus Dschihadisten-Kreisen hieß es bisher, Belmokhtar sei nicht getroffen worden, dafür libysche Radikale der Miliz "Ansar al-Scharia", die 2012 bei einem Anschlag in Bengasi den US-Botschafter tötete.
Die libysche Regierung in Tobruk bestätigte Belmokhtars Tod zwar, doch ihre Angabe ist nicht sonderlich glaubwürdig: Sie hat in der ostlibyschen Stadt Adschdabija, wo die Bomben der Amerikaner einschlugen, keinerlei Präsenz.
Außerdem wurde Belmokhtar schon oft für tot erklärt. Frankreichs Luftwaffe macht seit 2013 im benachbarten Norden Malis Jagd auf ihn - ohne Erfolg. Er soll seit Beginn der multilateralen Mali-Mission ins für ihn sicherere Libyen übergesiedelt sein.
Seit dem Sturz Gaddafis 2011 kommt Libyen nicht zur Ruhe. Dschihadisten nutzen das Chaos, um sich auszubreiten. Sowohl al-Qaida als auch der "Islamische Staat" haben sich dort eingenistet. Zudem nimmt auch das organisierte Verbrechen zu. Schleuserbanden, die Menschen durch die Sahara über Libyen nach Europa schmuggeln, sind zu einer transnationalen, professionellen Mafia herangewachsen. Ob Belmokhtar, der Schmuggler, auch dabei seine Hände im Spiel hat, ist nicht bekannt.
Wie sich Belmokhtar mit AQIM überwarf
Belmokhtar zählt zu den wenigen Qaida-Anführern in Afrika, die noch übrig sind. Auf dem Kontinent hatte das Terrornetzwerk seine ersten großen Attacken verübt: 1998 töteten Qaida-Mitglieder mehr als 200 Menschen bei simultanen Anschlägen auf die US-Botschaften in Kenia und Tansania.
Der zwischen 40 und 50 Jahre alte Algerier - sein genaues Alter ist unbekannt - hält weiter Qaida-Chef Ayman al-Zawahiri die Treue. Afrikanische Dschihadisten, die sich zuletzt lieber zum "Islamischen Staat" statt zu al-Qaida bekannten, kritisierte Belmokhtar heftig.
Ursprünglich war Belmokhtar Mitglied des Regionalablegers "al-Qaida in Nordafrika" (AQIM). 2012 sagte er sich jedoch von AQIM los und stand nun seiner eigenen Miliz vor. Ob Belmokhtar tatsächlich direkt Anweisungen von Qaida-Chef Zawahiri bekommt oder eigenmächtig im vermeintlichen Interesse von al-Qaida handelt, ist nicht bekannt.
Ein 2013 von Journalisten in Mali entdeckter Brief - er wurde in einem zurückeroberten Dschihadisten-Stützpunkt gefunden - gab interessante Einblicke: Belmokhtars AQIM-Chefs machten darin ihrem eigensinnigen Angestellten schwere Vorwürfe. Der Dschihadist höre nie auf Befehle, reiche seine Spesenabrechnungen nicht ein, ginge kaum ans Handy und behaupte dann, er habe kein Netz gehabt, wenn er doch gleichzeitig Journalisten lange Telefoninterviews gebe.
Nach der Ermahnung sagte Belmokhtar sich von AQIM los und gründete seine eigene Gruppe.