Parlamentswahl Iraner strafen Ahmadinedschad ab
Die iranischen Wähler haben Präsident Ahmadinedschad bei der Parlamentswahl einen Dämpfer verpasst. Sogar seine Schwester, eine enge Verbündete, verlor gegen ihren Rivalen. Gewonnen haben nach ersten Berichten die Konservativen und Religiösen.
Teheran - Bei den Parlamentswahlen in Iran zeichnet sich in wichtigen Wahlbezirken ein Sieg für die Rivalen von Präsident Mahmud Ahmadinedschad ab. Eine Gruppe von konservativen Gegnern gewann eine Mehrheit der 290 Sitze im Parlament, berichteten iranische Medien am Samstag. Sie sicherten sich demnach auch die als politisch besonders wichtig angesehenen 30 Sitze in der Hauptstadt Teheran.
Unter 60 Gewinnern von Abgeordnetenmandaten waren mindestens 46 konservative Gegner Ahmadinedschads. Drei liberale Kandidaten wurden auch gewählt. Die verbleibenden elf Mandate dürften sich auf Ahmadinedschad-Anhänger und Zentristen verteilen. Bislang ist unklar, wann das vorläufige amtliche Endergebnis vorliegen wird. Die Parlamentswahl ist ein wichtiger Stimmungstest für Ahmadinedschad sowie das Mullah-Regime. Sie gilt auch als Machtkampf der radikalen Kräfte um den Präsidenten mit der religiösen Führung. Mehr als 48 Millionen Iraner waren wahlberechtigt.
Als besondere Schlappe für den Staatschef gilt die Niederlage seiner Schwester. Parvin Ahmadinedschad sei in Garmsar, der Heimatstadt des Präsidenten, nicht gewählt worden, meldete die halbamtliche Nachrichtenagentur Mehr. Sie sei von einem konservativen Rivalen geschlagen worden. Parvin Ahmadinedschad ist eine enge Verbündete ihres Bruders und auch Mitglied im Stadtrat von Teheran.
Ahmadinedschad gab seine Stimme am Freitag in einer Moschee in Teheran ab - im Gegensatz zu früheren Wahlen kommentarlos.
Behörden verlängerten einfach die Öffnungszeiten der Wahllokale
Iran befindet sich in einer heiklen politischen Lage: Internationale Sanktionen belasten die Wirtschaft des Landes und treiben die Lebenskosten für die Bürger in die Höhe. Wegen des iranischen Atomprogramms drohen die USA und Israel dem Land mit militärischen Konsequenzen. Mit harter Hand unterdrückt das Regime die Opposition, die nach der Präsidentschaftswahl 2009 wegen Manipulationsvorwürfen zu Protesten gegen Ahmadinedschad aufgerufen hatte.
Die Parlamentswahl war die erste größere Abstimmung seit der umstrittenen Wahl 2009. Gegner des Regimes wurden auch diesmal bereits im Vorfeld massiv eingeschüchtert. Die Opposition, zu der vor allem Reformer und junge Leute gehören, hatte zu einem Boykott der Parlamentswahlen aufgerufen. Die iranische Führung hatte dagegen versucht, mit allen Mitteln eine hohe Wahlbeteiligung zu erreichen. Nachrichtensprecher riefen die Bevölkerung wiederholt auf, "zum Wohle des Landes" an dem Urnengang teilzunehmen.
Mehrfach verlängerten die Behörden am Freitag die Öffnungszeiten der Wahllokale. Sie schlossen am Abend vier Stunden später als ursprünglich geplant. Es habe einen sehr starken Andrang gegeben, hieß es zur Begründung. Augenzeugen in Teheran konnten dies nicht bestätigen.
Der politische Kurs wird sich kaum ändern
Mehr als 3400 Kandidaten bewarben sich um die 290 Sitze. Die meisten Sitze im Parlament wird sich aller Voraussicht nach eine Gruppe sichern, die sich Prinzipalisten nennt. Sie sind Konservative, die sich loyal zum religiösen Establishment verhalten. Diese Gruppe wird vom derzeitigen Parlamentspräsidenten und ehemaligen Atom-Unterhändler Ali Laridschani angeführt. Die Prinzipalisten machen Ahmadinedschad für das Scheitern der Wirtschaftsreformen verantwortlich.
Die ersten Ergebnisse der Wahl legen nahe, dass der Präsident in der zweiten Hälfte seiner vierjährigen Amtszeit auf mehr Gegenwind im Parlament stoßen dürfte. Der politische Kurs des Landes wird sich aber voraussichtlich kaum ändern. Das iranische Parlament hat keinen direkten Einfluss auf die Entscheidungen des Revolutionsführers des Landes, Ajatollah Ali Chamenei. Auch fehlt eine Kontrolle über wichtige Machtorgane, die ihm unterstehen, etwa die Revolutionswächter.
mmq/dapd/dpa