Massaker in Südafrika Minenbetreiber droht Streikenden mit Rauswurf
34 Bergleute wurden vor vier Tagen bei Auseinandersetzungen zwischen Streikenden in einer Platinmine und der Polizei erschossen. Jetzt will die Betreiberfirma das Edelmetall wieder mit voller Kapazität fördern und droht der Belegschaft: Wer nicht zur Arbeit kommt, fliegt raus.
Johannesburg - Der britische Bergbaukonzern Lonmin hat seinen Arbeitnehmern im südafrikanischen Marikana ein Ultimatum gestellt: Jeder Mitarbeiter, der am Montag nicht ordnungsgemäß an seinen Arbeitsplatz zurückkehre, müsse mit seiner Entlassung rechnen, hieß es in einer Stellungnahme. Am Donnerstag waren bei Auseinandersetzungen zwischen Polizei und streikenden Bergleuten 34 Minenarbeiter ums Leben gekommen.
Insgesamt seien am Montag jedoch nur etwa ein Viertel der 35.000 Bergarbeiter und Verwaltungsangestellte, die wegen der Gewalt ihre Arbeit niedergelegt hatten, erschienen. Das teilte Lonmin mit. Wie viele der 3000 ursprünglich Streikenden wieder zur Arbeit erschienen seien, könne die Firma nicht sagen. Der Vizepräsident von Lonmins Bergbau-Abteilung Marc Munroe sagte, dass die Erzproduktion weiterhin stillgelegt sei. Der Konzern verlängerte das Ultimatum bis Dienstag.
In Südafrika geht derweil die Suche nach dem Schuldigen für die Eskalation weiter. Die Polizeipräsidentin Riah Phiyega sagte der Zeitung "The Sowetan", dass ihre Beamten keine Schuld treffe und sie aus Notwehr gehandelt hätten. "Die Sicherheit der Öffentlichkeit ist nicht verhandelbar", sagte Phiyega. Präsident Jacob Zuma rief das Land auf, "gemeinsam gegen Gewalt, von wem auch immer" anzugehen. Er hat angekündigt, die Ereignisse von einer Kommission aufklären zu lassen. Zahlreiche Protestierende haben sich auch am Montag wieder vor der Mine versammelt. Überwiegend Frauen suchen mit Plakaten nach Angehörigen und demonstrieren gegen den gewaltsamen Einsatz der Polizei.
Zuma ist am Wochenende von einem ehemaligen Parteigenossen schwer attackiert worden. Julius Malena, der frühere Vorsitzende der Jugendorganisation von Zumas Partei ANC, war am Sonntag zu einer Kundgebung an die Mine gereist. Er warf Zuma Führungslosigkeit vor. "Der Präsident hat das Massaker an unseren Leuten zu verantworten, er muss abtreten", sagte Malena unter dem Beifall von mehreren Tausend Zuhörern. Malena ist in Südafrika umstritten: Politische Gegner werfen ihm Anstiftung zum Rassenhass vor, im vergangenen Jahr wurde er aus der Regierungspartei ausgeschlossen.
Der Vorfall könnte Präsident Zuma ernsthaft gefährlich werden: Im Dezember muss dieser sich zur Wiederwahl als Vorsitzender der ANC stellen. Südafrikanische Medien spekulieren nun, dass ihm seine Führungsschwäche den Rückhalt der Bergleute kosten könnte; insbesondere die mächtige Gewerkschaft "National Union of Mineworkers", die traditionell eng mit der Partei Zumas verflochten ist, könnte für Zuma zum Problem werden: Ihre Rolle in der Eskalation des Streiks ist unklar, Gegner werfen der Gewerkschaft vor, eine Mitverantwortung zu tragen.
In ganz Südafrika ist seit Montag eine einwöchige Staatstrauer ausgerufen. Vielerorts kam es zu Protesten gegen das Vorgehen der Polizei. Mathole Motshekya, Parlamentarischer Geschäftsführer der ANC, sagte südafrikanischen Zeitungen zudem, dass die Nationalversammlung für Dienstag eine Sondersitzung einberufen werde. Zuvor solle auch ein Trauergottesdienst mit den Parlamentariern abgehalten werden.
jls/dpa/Reuters