Fall Sergej Skripal Jetzt beschuldigt auch die US-Regierung Russland
Nach dem Angriff auf Ex-Doppelagent Skripal hat London Sanktionen gegen Moskau verhängt. Unterstützung bekommt die Regierung in London nun offiziell auch vom Weißen Haus. Im Uno-Sicherheitsrat kam es zu Streit.
Im Fall des vergifteten Ex-Spions Sergej Skripal gibt die US-Regierung der britischen Premierministerin Theresa May demonstrativ Rückendeckung bei ihrem Vorgehen gegen Russland: Die USA teilten die Einschätzung Großbritanniens, dass Russland hinter dem Angriff stecke, sagte die Sprecherin des US-Präsidenten, Sarah Sanders. Mays Entscheidung, 23 Diplomaten auszuweisen, sei eine "gerechte Antwort".
Zuvor hatte es aus dem Weißen Haus keine entsprechend deutliche Aussage gegeben. Es hieß lediglich, die USA stünden an der Seite ihres Alliierten und verurteilten den Anschlag. Von Schuldzuweisungen war aber keine Rede. Einzig der inzwischen gefeuerte Außenminister Rex Tillerson hatte sich öffentlich der Schlussfolgerung der britischen Regierung angeschlossen, wonach Russland für den Giftanschlag auf Skripal verantwortlich ist.
Die Uno-Botschafterin der USA, Nikki Haley, machte bei einer kurzfristig einberufenen Sondersitzung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen ebenfalls Russland für das Gift-Attentat verantwortlich. "Die USA gehen davon aus, dass Russland für den Angriff auf zwei Menschen im Vereinigten Königreich verantwortlich ist, bei dem militärisches Nervengift eingesetzt wurde." Haley rief das Uno-Gremium auf, "umgehend konkrete Maßnahmen" zu ergreifen.
Der russische Uno-Botschafter Wassili Nebensia wies jede Verwicklung seines Landes zurück und forderte eine Offenlegung der angeblichen Beweise. May sorge für eine "hysterische Atmosphäre", sagte er bei der Sondersitzung. "Wir sprechen nicht die Sprache der Ultimaten." Russland bemühe sich aber um eine gemeinsame Untersuchung der Substanz mit Großbritannien - "weil wir höflich sind". Es gebe keinen Beweis dafür, dass Moskau hinter dem Giftanschlag stecke.
Großbritannien sehe das anders, sagte der britische Uno-Botschafter Jonathan Allen. Sein Land werde sich von Russlands "Leugnungen, Ablenkungen und Drohungen" nicht beirren lassen. Uno-Generalsekretär António Guterres hatte sich zuvor "zutiefst besorgt" über die Lage gezeigt. Guterres verurteile den Einsatz von chemischen Kampfstoffen und fordere eine umfassende Untersuchung, sagte sein Sprecher vor Journalisten am Mittwoch.
Zurückhaltender äußerte sich Frankreich: Außenminister Jean-Yves Le Drian vermied es, Russland als Drahtzieher des Anschlags zu bezeichnen. In den kommenden Stunden werde man sich "auf höchster Stufe" mit den britischen Behörden austauschen, um eine Reaktion zu koordinieren, sagte Le Drian vor einem Treffen mit seinem neuen deutschen Kollegen Heiko Maas in Paris. Für diesen Donnerstag ist ein Gespräch zwischen Präsident Emmanuel Macron und May angesetzt.
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Der Ex-Doppelagent Sergej Skripal und seine Tochter Yulia waren am 4. März bewusstlos auf einer Parkbank in der südenglischen Kleinstadt Salisbury entdeckt worden. Sie befanden sich am Mittwoch weiter in kritischem Zustand. Nach britischen Angaben wurden sie Opfer des chemischen Kampfstoffes Nowitschok.
Nachdem Russland ein Ultimatum Großbritanniens zur Aufklärung der Herkunft des bei dem Attentat verwendeten Nervengifts hatte verstreichen lassen, verhängte die Regierung in London Strafmaßnahmen: Theresa May erklärte, dass 23 russische Diplomaten das Land binnen einer Woche verlassen müssen. Zudem werden bilaterale Kontakte "auf hoher Ebene" auf Eis gelegt und eine Einladung an den russischen Außenminister Sergej Lawrow zu einem Besuch in Großbritannien zurückgezogen.
May kündigte zudem noch weitere Sanktionen an, darunter schärfere Grenzkontrollen und das potenzielle Einfrieren von Vermögen. Auch werden weder Minister noch Mitglieder der Königlichen Familie im Sommer zur Fußballweltmeisterschaft reisen, die erstmals in Russland ausgetragen wird.
Das russische Außenministerium wiederum hat mit Vergeltungsmaßnahmen gedroht, die in Kürze folgen sollen.
aar/dpa