Spanien ohne Regierung Señor Sánchez schlittert in die nächste Niederlage
Pedro Sánchez will Regierungschef werden und das politische Patt in Spanien beenden. Einmal ist der Sozialist bereits gescheitert - am Freitag wird er wohl wieder durchfallen. Dann drohen Neuwahlen.
Winston Churchill geht immer. Die Weisheit des vielzitierten legendären britischen Premiers nutzte dieser Tage der spanische Politiker Albert Rivera. Auch er sei, wie Churchill, "ein Optimist, weil es nicht viel Sinn macht, etwas anderes zu sein".
Ein wenig Galgenhumor in schwierigen politischen Zeiten. Denn es gibt derzeit nicht viel, was Riveras Optimismus stützen könnte - bis in Madrid eine neue Regierung vereidigt wird, könnte es dauern.
Rivera ist einer der Hauptakteure in dem politischen Patt, das Spanien beherrscht. Er ist Chef der liberalen Ciudadanos, die mit den Sozialisten eine Regierung bilden wollen. Weil sie gemeinsam aber keine Mehrheit haben im Parlament, ist der Sozialist Pedro Sánchez am Mittwoch abgeschmettert worden, als er sich zum Premier wählen lassen wollte.
Am Freitagabend startet er einen neuen Versuch. Eine einfache Mehrheit im Parlament würde reichen. Doch es sieht nicht gut aus für ihn. Große andere Fraktionen müssten sich enthalten.
Sollte Sánchez erneut scheitern, wäre das einmalig in der jüngeren Geschichte Spaniens. Seit dem Ende der Franco-Diktatur 1975 wurden alle Regierungschefs spätestens im zweiten Durchgang gewählt. Spanien steuert also auf Neuwahlen zu.
Trotz seiner wahrscheinlichen doppelten Niederlage hat Sánchez persönlich an Statur gewonnen. Er weiß sich als Macher zu präsentieren, der den Weg aus der Blockade sucht. Dafür umgarnt er die linke Partei Podemos, deren Stimmen er braucht.
Aber Podemos scheint auf Neuwahlen zu setzen - eine riskante Strategie. Die Wähler reagieren schon jetzt entnervt auf das Patt. 93 Prozent der Spanier sagten in einer Umfrage Ende Februar, dass sie unzufrieden seien mit der aktuellen politischen Situation. Gut möglich, dass sie denken wie Rivera, der Zitate-Fan, der am Mittwoch in der Parlamentsdebatte eine weitere Weisheit platzierte: "Um es mit Churchill zu sagen, das Problem dieser Zeit ist es, dass es Menschen gibt, die lieber bedeutsam als hilfreich sind."
Nach den hitzigen und teilweise beleidigenden Diskussionen im spanischen Abgeordnetenhaus drängt sich auch die Frage auf: Wie sollen diese Männer zusammenarbeiten? Neben persönlichen Angriffen kam auch unverhohlen die Aufforderung an die Regierungspartei PP, gegen Parteichef und bisherigen Premier Mariano Rajoy zu rebellieren.
Immerhin, Podemos und PP wollen wieder reden mit Sánchez - aber erst ab Samstag, also nachdem sie ihn erneut haben durchfallen lassen bei der Wahl zum Regierungschef. Nicht die besten Voraussetzungen für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit, auch wenn PP-Spitzenpolitiker versichern, man werde "bis zum letzten Tag kämpfen", um Neuwahlen zu verhindern.
Bis zum 2. Mai bleibt noch Zeit. Ist bis dahin kein neuer Regierungschef gefunden, müssen die Spanier erneut wählen gehen. Im schlimmsten Fall schneiden die Parteien dann ähnlich ab.