Nach Minsk-Gipfel Ukraine meldet Tote bei Gefechten im Osten
Am Sonntag soll in der Ostukraine eine Waffenruhe in Kraft treten - noch liefern sich die Konfliktparteien aber erbitterte Kämpfe. Besonders heftig sind die Auseinandersetzungen um den strategisch wichtigen Eisenbahnknotenpunkt Debalzewe.
Kiew/Hamburg - Die Hoffnungen auf eine Beruhigung in der Ostukraine sind groß, doch die Aussichten auf Erfolg äußert vage. Zu erbittert wurde auf dem Minsker Krisengipfel auch um Kleinigkeiten gerungen. Zu verhärtet scheinen die Positionen in diesem Dauerkonflikt. Immerhin: Auf eine Waffenruhe konnten sich die verfeindeten Parteien einigen. Diese soll allerdings erst ab Sonntag 0.00 Uhr gelten.
Bislang geht das Blutvergießen unverändert weiter. Der ukrainische Generalstab meldete am Morgen, allein in den vergangenen 24 Stunden seien acht ukrainische Soldaten ums Leben gekommen. In anderen Quellen ist sogar von bis zu elf Toten die Rede. 34 Kämpfer sollen im selben Zeitraum verletzt worden sein.
"Das war keine ruhige Nacht im Donbass. Der Feind hat mit derselben Kraft zugeschlagen, wie zuvor", heißt es in der Stellungnahme. Beide Konfliktparteien haben jedoch in der Vergangenheit mit falschen oder übertriebenen Meldungen für Verwirrung gesorgt. Berichte aus den umkämpften Gebieten lassen sich nur schwer verifizieren. Deshalb ist auch eine Meldung aus dem Gebiet um Luhansk nur unter Vorbehalt zu verstehen: Dort sollen nach Angaben der Regionalverwaltung zwei Zivilisten beim Beschuss von prorussischen Rebellen ums Leben gekommen sein. Angeblich schlug ein Geschoss in einem Cafe ein.
Nach Angaben des Militärs gab es die schwersten Kämpfe in der Nähe der Stadt Debalzewe. Nach Angaben der Separatisten sind mehr als 5000 ukrainische Soldaten in dem Verkehrsknotenpunkt eingekesselt. Das ukrainische Militär beteuert dagegen, der Zugang zur Stadt sei heftig umkämpft, aber offen.
Ukrainische Medien berichteten, um Debalzewe würden "reguläre russische Truppen" zusammengezogen. Auch in Mariupol sei die Lage angespannt, russische Panzer bereiteten sich auf einen Vorstoß vor.
Aus den Rebellenhochburgen Donezk und Luhansk werden neue Kämpfe gemeldet. Reporter der britischen BBC berichten von nächtlichen Einschlägen und Bombardements. Allerdings sei der Beschuss weniger heftig ausgefallen, als noch in den Nächten zuvor. In Luhansk kamen laut Rebellenangaben vier Menschen durch Beschuss ums Leben.
In Minsk hatten sich die Ukraine und Russland nach mehr als 16 Verhandlungsstunden auf diese Punkte verständigt:
- Die Feuerpause solle ab Sonntag 0.00 Uhr gelten, sagte Putin nach dem Verhandlungsmarathon mit Kanzlerin Angela Merkel, dem französischen Präsidenten François Hollande und dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko.
- Aus der Region sollen schwere Waffen abgezogen werden. Dieser Prozess soll zwei Tage nach Einsetzen der Feuerpause beginnen und nicht länger als zwei Wochen dauern.
- Nach dem Willen Russlands soll die ukrainische Armee ihre Waffen von der derzeitigen Frontlinie entfernen. So entsteht eine Pufferzone. Für die Aufständischen gelte die Linie vom 19. September 2014 - siehe Karte:
Trotz dieser vorsichtigen Übereinkunft halten die Europäer an ihren Sanktionen gegen Russland fest. Wie geplant sollen ab Montag Einreiseverbote und Vermögenssperren gegen 19 Ukrainer und Russen und neun russische Firmen in Kraft treten.
Die Strafen seien wegen der Angriffe der ostukrainischen Separatisten auf die Stadt Mariupol verhängt worden und deshalb weiter angemessen, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel. Ohnehin gibt es große Skepsis, ob die Bedingungen des Abkommens vom Donnerstag auch wirklich umgesetzt werden.
Die Regierung in Kiew hat bereits klargestellt, dass die in Minsk vereinbarte Amnestie nicht für die Separatistenführer im Donbass gelte.
Besprochen wurde auf dem Gipfel auch die wirtschaftliche Hilfe für die Ukraine. Der Internationale Währungsfonds (IWF) plant ein 40-Milliarden-Dollar-Hilfspaket, fordert im Gegenzug von der Ukraine aber erhebliche politische und ökonomische Reformen. Voraussetzung für einen wirtschaftlichen Aufschwung des verarmten Landes sei, dass Frieden herrsche, sagte Merkel. Die Weltbank will der krisengeschüttelten Ukraine in diesem Jahr bis zu zwei Milliarden Dollar an Finanzhilfen zur Verfügung stellen. Die umgerechnet rund 1,75 Milliarden Euro sollen zur Armutsbekämpfung und Unterstützung von Reformen dienen, teilte die Entwicklungshilfeorganisation in Washington mit.
jok/Reuters