Uno-Abstimmung Sicherheitsrat billigt Militäreinsatz gegen Libyen
Flugverbotszone, Luftangriffe und andere "erforderliche Maßnahmen" zum Schutz von Zivilisten: Der Uno-Sicherheitsrat hat massive militärische Aktionen gegen Libyen beschlossen. Der Einsatz von Besatzungstruppen bleibt aber tabu. Fünf Länder, darunter Deutschland, enthielten sich der Stimme.
New York - Die Resolution sieht ein militärisches Eingreifen in Libyen vor. In dem Text wird die internationale Gemeinschaft ermächtigt, eine Flugverbotszone einzurichten und "alle notwendigen Maßnahmen" zum Schutz von Zivilisten zu ergreifen. Dazu gehören auch Luftschläge. Der Einsatz einer Besatzungstruppe wird dagegen ausgeschlossen. Die Uno-Mitgliedstaaten dürfen auch individuell handeln.
Kein Land stimmte gegen die Resolution, aber fünf Staaten enthielten sich, auch Deutschland. Die Bundesrepublik wird sich nicht mit Truppen an dem Einsatz beteiligen. Russland und China, die als ständige Mitglieder mit ihrem Veto das Vorhaben hätten zu Fall bringen können, enthielten sich ebenfalls.
Frankreich hatte vor der Abstimmung angekündigt, die Resolution nach dem Votum umgehend umzusetzen zu wollen. Dies schließe auch Luftangriffe mit ein, hatte Außenminister Alain Juppé gesagt. Nach Angaben eines Uno-Diplomaten haben sich Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate bereit erklärt, sich an einem Militäreinsatz gegen Gaddafi zu beteiligen.
Auch libysche Internet-User reagierten sofort auf die Entscheidung - und überwiegend positiv. "Danke, Sarkozy", bedankten sich einige via Twitter beim französischen Präsidenten. "Gott ist groß", postete ein Twitterer. "Ich bin froh, aber noch ist es nicht vorbei", schrieb ein zweiter. "Exzellente Neuigkeiten", befand ein dritter, und ergänzte: "Hoffentlich dreht es sich jetzt endgültig."
"Starkes Signal an Gaddafi"
"Frankreich steht bereit", sagte Außenminister Alain Juppé. "Wir erleben einen historischen Moment: Die Menschen in Arabien verlangen nach Freiheit. Dieser arabische Frühling ist eine gute Nachricht für die ganze Welt." Umso erschütternder sei, dass Gaddafi friedliche Demonstranten zusammenschießen lasse. "Wir sind nun willens und bereit, zusammen zu handeln. Wir haben nicht viel Zeit, es ist eine Frage von Tagen, vielleicht Stunden." Frankreich hatte am stärksten auf die Annahme des Resolutionsentwurfs gedrängt.
"Die Vereinten Nationen haben den Hilfeschrei des libyschen Volkes gehört", sagte US-Botschafterin Susan Rice. Mit der Resolution habe der Sicherheitsrat seine Handlungsfähigkeit bewiesen und ein starkes Signal an Gaddafi gesandt. "Über die Zukunft Libyens darf nur das Volk Libyens entscheiden."
Deutsche Soldaten werden sich nach den Worten von Bundesaußenminister Guido Westerwelle nicht an einem Militäreinsatz beteiligen. Zur Abstimmung in New York erklärte Westerwelle in Berlin, Deutschland begrüße "eine wesentliche Verschärfung der internationalen Sanktionen gegen das Gaddafi-Regime". Die in der Resolution "vorgesehene Option einer militärischen Intervention in Libyen" sehe die Regierung in Berlin aber äußerst skeptisch, so Westerwelle. "Wir sehen hier erhebliche Gefahren und Risiken. Deswegen können wir diesem Teil der Resolution nicht zustimmen."
Beifall kam von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. "Zum zweiten Mal in einem Monat hat der Sicherheitsrat deutlich gemacht, dass alle Möglichkeiten auf dem Tisch liegen, um Massenmorde zu verhindern. Wir hoffen, dass der Sicherheitsrat künftig immer seiner Pflicht zum Schutze der Zivilisten gerecht wird."
Gaddafi verstärkt Drohungen gegen internationale Gemeinschaft
Libyens Machthaber Gaddafi will der Welt "das Leben zur Hölle machen", falls sein Land von ausländischen Mächten angegriffen wird. "Er (der Westen) würde nie wieder Frieden haben", sagte der Diktator in einem am späten Donnerstagabend gesendeten Exklusivinterview des portugiesischen Fernsehsenders RTP. Sollte die Welt "verrückt handeln", werde man ebenso reagieren, warnte Gaddafi in dem etwa dreiminütigem Gespräch. Die Länder der Europäischen Union bezeichnete er als "Verräter", die der Propaganda aufgesessen seien.
Nach außen hin sehr ruhig wirkend fügte Gaddafi an, der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen habe kein Mandat, um sich in Libyen einzumischen. "Wir werden keine Resolutionen oder Entscheidungen (des Sicherheitsrates) befolgen. Es ist nicht so, dass es Krieg zwischen zwei Ländern gibt", erklärte der Mann, der Libyen seit mehr als 40 Jahren mit harter Hand regiert.
Nach der Uno-Charta, so Gaddafi, dürfe sich der Sicherheitsrat nicht in interne Angelegenheiten eines Landes einmischen. Ein Angriff auf Libyen würde "einer Kolonisierung ohne Rechtfertigung" gleichkommen, die "ernste und schlimme Folgen nach sich ziehen würde".
Gaddafis Truppen haben den Rebellen in den vergangenen Tagen dramatische Rückschläge zugefügt und marschieren auf die Rebellenhochburg Bengasi zu. Kampfflugzeuge bombardierten bereits Außenbezirke aus der Luft. Aus Bengasi hat ein Flüchtlingsstrom Richtung Grenze eingesetzt. Die Soldaten seien noch rund 160 Kilometer von der Küstenstadt entfernt, sagte William Burns, Staatssekretär im US-Außenministerium.
cai/ler/AFP/dpa/Reuters/dapd