Giftgasanschlag mit Hunderten Toten Merkel verschärft den Ton gegenüber Syrien
Die Bundesregierung fordert eine deutliche Antwort auf den Giftgasangriff in Syrien mit Hunderten Toten. Das "entsetzliche Verbrechen an Männern, Frauen und Kindern" sei ein Tabubruch, so Kanzlerin Merkel. Sie äußerte sich nicht zu einem möglichen Militärschlag, den USA und Großbritannien erwägen.
Berlin - Der Giftgasangriff in Syrien muss nach Ansicht von Bundeskanzlerin Angela Merkel geahndet werden. Ihr Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte, der Angriff nahe Damaskus sei "ein entsetzliches Verbrechen an Männern, Frauen und Kindern" und ein "Tabubruch". Die Bilder des grausigen Massakers gingen vergangene Woche um die Welt.
"Es handelt sich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit um einen Giftgasangriff", so Regierungssprecher Seibert. "Er darf nicht folgenlos bleiben." Die Bundesregierung fordert damit erstmals nach der Attacke Konsequenzen. Zu einem möglichen militärischen Eingreifen des Westens und einer deutschen Beteiligung äußerte sich Seibert jedoch nicht näher.
Auch Außenminister Guido Westerwelle setzt sich für eine deutliche Antwort der internationalen Gemeinschaft ein. Er erklärte bei einer Konferenz deutscher Botschafter in Berlin, der Einsatz von chemischen Massenvernichtungswaffen wäre "ein zivilisatorisches Verbrechen". "Wenn sich ein solcher Einsatz bestätigen sollte, muss die Weltgemeinschaft handeln. Dann wird Deutschland zu denjenigen gehören, die Konsequenzen für richtig halten."
Uno-Inspekteure sollen nun Gewissheit schaffen und am Montag mit ihren Untersuchungen beginnen. Westliche Staaten stimmen sich derweil ab. Merkel telefonierte am Sonntag mit dem französischen Staatspräsidenten François Hollande und dem britischen Regierungschef David Cameron über eine klare internationale und möglichst geschlossene Reaktion.
Cameron setzt US-Präsident Barack Obama unter Druck, bei einem Militäreinsatz keine Zeit zu verlieren. Eine Intervention müsse innerhalb weniger Tage erfolgen. Wie London hält Washington es für so gut wie erwiesen, dass die Giftgasattacke vom syrischen Regime ausgeführt wurde - nach langem Zögern erwägt die Regierung von Obama jetzt einen Militärschlag.
"Die Optionen sind offen"
Großbritannien treibt die Vorbereitungen für eine Intervention des Westens in dem Bürgerkriegsland voran. Noch an diesem Montag werde sich Militärstabschef Nick Noughton in Jordanien mit seinem US-Kollegen General Martin Dempsey treffen, berichtet die "Times". Nach Angaben der Zeitung wird von den Militärs zurzeit ein einmaliger Beschuss syrischer Regimestellungen von Nato-Schiffen aus favorisiert.
Auch Frankreichs Außenminister Laurent Fabius sagte, er rechne schon bald mit einer Einigung über mögliche Aktionen gegen Syrien. Über eine Reaktion des Westens "wird in den kommenden Tagen entschieden", sagte Fabius am Montag dem Sender Europa 1. Auf die Frage nach möglichen Formen der Reaktion sagte der Minister, bisher sei noch nichts entschieden. "Die Optionen sind offen."
Doch unter deutschen Politikern aller Couleur herrscht Konsens in der Frage nach den Konsequenzen: Nein zum Militärschlag. Er rate zur "Zurückhaltung, was die Diskussion über militärische Interventionen betrifft", meinte SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück gegenüber der "Südwest Presse".
Bei der CDU klang das am Sonntag so: "Deutschland arbeitet zu Recht weiter an einer politischen Lösung", sagt Philipp Mißfelder, Chef-Außenpolitiker der Unions-Bundestagsfraktion. Grünen-Chefin Claudia Roth sagte SPIEGEL ONLINE: "Alle Parteien müssen so schnell wie möglich zu einer politischen Lösung kommen." Die Linke ist traditionell gegen den Einsatz von militärischen Mitteln.
kgp/dpa