Schuldenkrise Bundestag winkt Griechenland-Hilfe durch
Die große Mehrheit steht: Der Bundestag hat mit den Stimmen von Union, FDP, SPD und Grünen für neue Hilfen für das angeschlagene Griechenland gestimmt. Zum ersten Mal betreffen die Maßnahmen direkt den Bundeshaushalt.
Berlin - Der Bundestag hat für neue Hilfen für das hochverschuldete Griechenland gestimmt. Bei der Abstimmung am Freitag votierten 473 Abgeordnete für die Änderungen am laufenden zweiten Hilfspaket, 100 stimmten dagegen, elf enthielten sich. Mit den Maßnahmen verbunden ist die grundsätzliche Freigabe von Hilfszahlungen in Höhe von insgesamt 43,7 Milliarden Euro an das Mittelmeerland.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble verteidigte in der Bundestagsdebatte das Hilfspaket. Alle Beobachter seien sich einig, dass die neue griechische Regierung an einer konsequenten Haushaltskonsolidierung arbeite, "und dass eine Reihe von Fortschritten" erzielt worden sei, erklärte der CDU-Politiker. Damit seien die Voraussetzungen für weitere Hilfszahlungen gegeben.
Die Vorlage des Troika-Berichts habe lange gedauert, erklärte Schäuble. Der Bericht lege präzise dar, inwieweit die Vereinbarungen umgesetzt worden seien. Es seien schon viele Schritte getan worden, um die Euro-Zone insgesamt zu stabilisieren. Es gebe erste Erfolge, aber der Weg sei noch lang.
In der Aussprache über eine Regierungserklärung Schäubles traten trotz Zustimmung der Opposition von SPD und Grünen deutliche Differenzen zutage. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier warf der Bundesregierung vor, aus Angst vor den anstehenden Wahlen in Deutschland den Menschen nicht die ganze Wahrheit zu sagen. "Der Dimension dieser Krise werden sie damit nicht gerecht." Nach Steinmeiers Überzeugung ist ein weiteres Hilfspaket für Griechenland unausweichlich.
Nach Ansicht von Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sind die neuen Griechenland-Hilfen das Ergebnis einer falschen Politik der Bundesregierung. Diese habe zu lange auf reines Sparen und Kürzungen gesetzt: "Mit einer reinen Austeritätspolitik ist der Euro nicht zu retten", sagte er. Diese Einsicht habe sich bei Schwarz-Gelb jedoch zu spät durchgesetzt.
Die stellvertretende Linken-Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht kritisierte die Hilfen für das Land am Freitag im Bundestag als "verantwortungsloses Verbrennen von Steuergeldern" zugunsten von Banken und Spekulanten. Der SPD hielt sie vor, auch dieses Mal die Hilfen für das Land abzunicken.
Die Euro-Finanzminister und der Internationale Währungsfonds (IWF) hatten sich Anfang der Woche dazu durchgerungen, dem Land zwei Jahr mehr Zeit - bis Ende 2014 - zu geben. Dadurch reißt eine Finanzierungslücke von 14 Milliarden Euro auf. Diese soll unter anderem durch den Verzicht auf Zinseinnahmen aus dem ersten Hellas-Hilfspaket und die Verlängerung der Laufzeit der bereits gewährten Kredite geschlossen werden. Außerdem werden die Gewinne aus den Stützungskäufen griechischer Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank an das Land zurückgeschleust.
Insgesamt wird der Bundeshauhalt dadurch nach Erwartung von Finanzminister Schäuble 2013 allein im kommenden Jahr mit 730 Millionen Euro belastet. Außerdem würden damit erstmals Zahlungen aus dem Bundeshaushalt an Griechenland geleistet. Bisher hatte der Bund nur Kreditgarantien vergeben.
Ob es angesichts zahlreicher Kritiker auch in den Koalitionsreihen eine eigene schwarz-gelbe Mehrheit gab, war zunächst unklar. Dass die Koalition die symbolisch wichtige Kanzlermehrheit - die absolute Mehrheit - erreicht, war wegen zahlreicher Krankheitsfälle unwahrscheinlich.
hen/Reuters/AFP/dpa