Geheimdienste Ex-BND-Chef nennt Kooperation mit Diktatoren "normal"
Britische und US-Geheimdienste haben eng mit Libyens Diktator Gaddafi zusammengearbeitet. Jetzt wird auch in Berlin diskutiert: Laut einem früheren Leiter ist der BND stets in Kontakt zu autoritären Regimes gewesen. Die Opposition in Berlin will den Kontrollausschuss befragen.
Halle/Berlin - In der Debatte um die Zusammenarbeit westlicher Geheimdienste mit dem Regime Muammar al-Gaddafis in Libyen hat der frühere Chef des Bundesnachrichtendienstes, Hans-Georg Wieck, Kritik an diesem Kurs zurückgewiesen. "Kooperation auf dem Gebiet der Informationsgewinnung ist eine Normalität", sagte der Wieck der "Mitteldeutschen Zeitung". Der deutsche Auslandsgeheimdienst habe zu diesem Zweck stets Kontakte zu autoritären Regimes unterhalten.
Der BND beschaffe Informationen, die deutsche Sicherheitsinteressen berührten, betonte Wieck. Dabei gehe es um Terrorismus, organisierte Kriminalität oder die Außenpolitik autoritärer Regime. Außerdem liefere er der Bundesregierung Grundlagen für politische Entscheidungen. Dazu müsse der Auslandsgeheimdienst "Länder einbeziehen, die etwas offerieren können, das man selbst nicht hat", sagte der 83-Jährige.
"Bei dieser Zusammenstellung der Partner geht es nicht nach demokratischen Regeln, sondern nach Interessen. Wir haben immer Verbindungen zu autoritären Regimes gehabt - zur Informationsgewinnung", so Wieck.
Zusammenarbeit mit Tripolis bei Anti-Terror-Politik
In den vom Gaddafi-Regime hinterlassenen Geheimdienst-Zentralen waren vor kurzem Dokumente aufgetaucht, die eine enge Zusammenarbeit mit westlichen Nachrichtendiensten nahelegen. Neben dem US-Geheimdienst CIA sieht sich auch der britische MI-6 entsprechenden Vorwürfen ausgesetzt. Der ehemalige Geheimdienstkoordinator der Bundesregierung unter Altkanzler Helmut Kohl, Bernd Schmidbauer, bestätigte, Deutschland habe damals von Tripolis Informationen im Zusammenhang mit der Terrorismus-Bekämpfung erhalten.
Doch an den Aktivitäten westlicher Geheimdienste in Libyen während der vergangenen Jahre soll der Bundesnachrichtendienst nicht beteiligt gewesen sein, sagte der SPD-Bundestagsabgeordneten Fritz-Rudolf Körper im Deutschlandfunk. Der BND habe nicht mit britischen oder amerikanischen Diensten in Libyen bei der Terrorabwehr zusammengearbeitet. Eine Kooperation habe es lediglich bei bestimmten Entführungsfällen gegeben, "da ging es um den Schutz deutscher Staatsbürger".
Körper will als Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestags einen Bericht über die Zusammenarbeit westlicher Geheimdienste mit Libyen anfordern. Nach Ansicht des SPD-Politikers haben die Geheimdienste zur Entwicklung in Nordafrika "eher zu wenig" Informationen gehabt.
Der Bundestagsabgeordnete Wolfgang Neskovic (Linke) sagte im Deutschlandradio Kultur, das Kontrollgremium werde am Mittwoch zusammentreten und der Bundesregierung kritische Fragen stellen.
fab/dapd/dpa