Vorstoß nach Hoeneß-Urteil SPD-Länder fordern neues Steuerabkommen mit der Schweiz
Bayern-Präsident Uli Hoeneß ist kaum verurteilt, da wagen SPD-Politiker aus Hessen und Nordrhein-Westfalen einen neuen Anlauf für ein Steuerabkommen mit der Schweiz. Ihre Forderung: Es muss volle Transparenz geschaffen werden.
Berlin - Uli Hoeneß hat sein Urteil akzeptiert, er verzichtet auf eine Revision und muss ins Gefängnis. Den spektakulären Fall des Ex-Bayern-Managers, der am Freitag seinen Rücktritt von allen Ämtern bekanntgab, nutzt die SPD, um den Blick einmal mehr auf die Schweiz zu richten: Denn die Alpenrepublik, in der Hoeneß seine Millionen vor dem deutschen Fiskus versteckt hatte, bleibt ein beliebter Zufluchtsort für deutsche Steuerhinterzieher.
Der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans und Hessens Landes- und Fraktionschef und SPD-Bundesvize Thorsten Schäfer-Gümbel regen nun einen neuen Anlauf für ein Steuerabkommen mit der Schweiz an. Walter-Borjans sagte SPIEGEL ONLINE: "Hoeneß-Richter Heindl hat es auf den Punkt gebracht: Steuerhinterziehung ist ein Vorsatzdelikt. Dagegen helfen keine schwammigen Regeln, sondern nur ein weltweit flächendeckender Informationsaustausch zwischen Banken und Steuerbehörden. Wirklich lückenlose Absprachen mit der Schweiz wären ein wichtiger Meilenstein dahin."
Schäfer-Gümbel plädierte für "einen neuen, aber engagierten Anlauf für ein Steuerabkommen mit der Schweiz". Fundament eines solchen Abkommens dürften nicht die Interessen von Steuerhinterziehern und Banken sein.
In einem fünfseitigen Papier der SPD-Politiker, das SPIEGEL ONLINE vorliegt, heißt es unter dem Titel "Bekämpfung der Steuerflucht in die Schweiz", der Tatbestand der Steuerhinterziehung sei kein Kavaliersdelikt. "Auf Steuerhinterziehung wartet nicht der Beichtstuhl, sondern das Gericht", so die SPD-Autoren, die die Bedeutung des Nachbarn ausdrücklich hervorheben. Die Schweiz sei "viel mehr als ein Finanzplatz". Sie sei ein wichtiger wirtschaftlicher und kultureller Partner. Doch ihr Ruf drohe durch "Finanzakrobaten zerstört zu werden".
Konkret schlagen die SPD-Politiker mehrere "Eckpunkte" für ein neues bilaterales Steuerabkommen vor:
- Kapitalanlagen unter Pseudonymen, Nummernkonten, Abschirmwirkungen von Stiftungen hätten in dieser Welt keinen Platz mehr - "es müssen Ross und Reiter genannt werden".
- Das Abkommen müsse sich einfügen in internationale Bemühungen "nach einem automatischen Informationsaustausch" zu Finanzkonten.
- Das heißt aus ihrer Sicht: "Anonyme Steuerzahlungen mit abgeltender Wirkung über die Grenze haben in einer auf Transparenz ausgerichteten Welt keinen Platz mehr." So soll verhindert werden, dass sich Steuersünder mit Konten in der Schweiz über eine anonyme Steuerzahlung quasi "freikaufen".
Ausdrücklich werten die SPD-Politiker den bisherigen Ankauf von Schweizer Steuer-CDs durch deutsche Steuerfahnder, durch die deutsche Steuerhinterzieher aufgedeckt werden konnten, als eine "Notwehrmaßnahme". Dies könne "die gerechte Durchsetzung der Steuerpflicht nicht auf Dauer sicherstellen".
Ein Steuerabkommen von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) war unter der schwarz-gelben Koalition in der vergangenen Legislaturperiode am Widerstand der rot-grünen Länder im Bundesrat gescheitert. Die SPD-Politiker verteidigen die damalige Ablehnung - es habe "erkennbar die Handschrift der Schweizer Banken und der deutschen Steuerhinterzieher" getragen. Öffentliche Äußerungen, unter anderem von Hoeneß, belegen aus Sicht der SPD-Politiker, dass manche auf das Wirksamwerden des Abkommens gewartet hätten, weil es für sie "keine Bedrohung, sondern die Rettung hätte sein sollen".
SPD-Chef und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel griff am Freitag ebenfalls in die Debatte ein. Dass Millionengewinne aus Spekulationsgeschäften in die Schweiz verschoben und nicht versteuert würden, sei zu einem regelrechten Geschäftsmodell geworden. Die Schweizer Banken müssten deshalb gezwungen werden, "alles offenzulegen", sagte der Minister der "Passauer Neuen Presse".
Debatte über Selbstanzeige
Unterdessen wird nach der Verurteilung von Hoeneß weiter über den Sinn von Selbstanzeigen diskutiert. Der Vize-Chef der SPD-Fraktion im Bundestag, Carsten Schneider, will diese auf lange Sicht abschaffen. Sobald innerhalb Europas Steuerinformationen automatisch ausgetauscht würden, müsse die strafbefreiende Selbstanzeige für Steuerhinterzieher fallen, sagte er im ARD-"Morgenmagazin". Bereits Anfang der Woche hatten die Finanzminister der EU ihre Pläne für einen Austausch von Steuerinformationen weiter konkretisiert.
Für eine Übergangsfrist sollen nach Ansicht Schneiders bei der Selbstanzeige härtere Regeln gelten als bisher. Die hinterzogenen Steuern müssten demnach vollständig nachgezahlt werden und die Strafzuschläge sollten deutlich steigen.