
Die Lage am Dienstag Liebe Leserin, lieber Leser,
Donald Trump will heute im Rosengarten des Weißen Hauses offiziell seine Entscheidung verkünden, ob die USA das Atomabkommen mit Iran einseitig platzen lassen oder nicht. Trump ist geradezu besessen von der Idee, dass das Abkommen ein riesiger Fehler war, im Wahlkampf gehörte die Klage über den "miesesten Deal aller Zeiten" zu seinen wichtigsten Parolen.
Da Trump seiner Basis vor den Midterm-Wahlen im Herbst beweisen will, dass er seine Wahlversprechen hält, und da er am liebsten alles zerstören möchte, was sein Vorgänger Barack Obama politisch erreicht hat, gilt es als wahrscheinlich, dass er den Deal heute tatsächlich aufkündigt. Alles andere wäre eine riesige Überraschung.
So oder so wird sich Trump sicherlich eine Hintertür offenhalten. Frei nach dem Motto: Wenn wir einen besseren Deal machen, bin ich mit dabei. Doch von diesem Budenzauber sollte sich niemand täuschen lassen: Bislang hat Trump in der Außenpolitik bekanntlich schon viele Deals kaputt gemacht, aber noch kein einziges großes Abkommen geschlossen.
Italienische Narzissten
Zwei Monate nach der Wahl hat Italien immer noch keine funktionsfähige Regierung, es gibt keine klaren Mehrheiten. Als Ausweg aus der Sackgasse schlägt Staatspräsident Sergio Mattarella nun eine neutrale Regierung vor, mit einer Respektsperson an der Spitze. Die könnte für eine Übergangszeit bis Dezember regieren und ein neues Wahlgesetz basteln, das bei Neuwahlen Ende des Jahres oder auch erst 2019 eine Mehrheitsbildung im Parlament leichter macht.
Ob das funktioniert, ist jedoch fraglich, die Parteien wollen lieber schon im Juli wählen, auch wenn die Gefahr groß ist, dass genau das gleiche unklare Ergebnis dabei herauskommt. Zu begreifen sei das alles nur, wenn man sich die Persönlichkeit der Frontmänner in Italien ansehe, schreibt mein Kollege Hans-Jürgen Schlamp. Also Politiker wie Silvio Berlusconi und Matteo Renzi. "Sie haben eines gemeinsam: Ein dickes Ego, mit unstillbarem Geltungsbedürfnis. Die Wähler haben Narzissten gekürt, und die blockieren sich nun gegenseitig."
Trumps Mann in Berlin ist da
Der neue US-Botschafter in Berlin, Richard Grenell, nimmt heute seine Arbeit auf. Im Schloss Bellevue überreicht er in der traditionellen Zeremonie sein Beglaubigungsschreiben an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Man kann Grenell getrost als konservativen Hardliner und außenpolitischen Falken bezeichnen. In den letzten Jahren war er dafür bekannt, dass er auf Fox News die "America First"-Agenda von US-Präsident Donald Trump herunterbetete.
Es wird interessant sein zu sehen, ob Grenell sich in Berlin in rechtspopulistischen Kreisen einbunkert und nur als Stimme seines Herrn auftritt oder ob er auch auf Kritiker von Trump zugeht und ernsthaft das Gespräch sucht. Jedenfalls wäre es gut, wenn er mithelfen würde, die aktuellen Spannungen im deutsch-amerikanischen Verhältnis eher abzubauen, als zu schüren. Kann er das? Wenn ich wetten müsste, würde ich tippen: nein. Aber ich hätte nichts dagegen, diese Wette zu verlieren.
Gewinner des Tages...
... ist das Auktionshaus Christie's in New York. Dort beginnt die Versteigerung der wohl wertvollsten privaten Kunstsammlung der Welt, Experten erwarten Rekordeinnahmen von mindestens 650 Millionen Dollar, manch einer rechnet sogar mit bis zu einer Milliarde. Die Sammlung stammt aus dem Besitz des 2017 verstorbenen Milliardärs David Rockefeller, ein Erbe des gleichnamigen Industrie-Imperiums. Rockefeller und seine Frau Peggy hatten über Jahrzehnte etliche Picassos, Monets, Hoppers und Miros gesammelt, insgesamt werden 2000 Werke angeboten. Viele ihrer Gemälde haben die beiden bereits vor Jahren an Museen gestiftet, auch die Einnahmen aus der Auktion sollen unter anderem an Kulturinstitutionen fließen, darunter das Museum of Modern Art in New York. Das Auktionshaus Christie's dürfte aber natürlich auch einen beträchtlichen Gewinn einstreichen.
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Ich wünsche Ihnen einen erfolgreichen Dienstag.
Ihr Roland Nelles