
Die Lage am Montag Liebe Leserin, lieber Leser,
SPD-Chef Martin Schulz strebt nach SPIEGEL-Informationen einen Ministerposten an, denkbar wären Außenminister oder Finanzminister. Bleibt die Frage, was aus Noch-Außenminister Sigmar Gabriel wird. Natürlich ist vorstellbar, dass Schulz Gabriel zur Seite schiebt, aber wäre es auch weise? Man kann sich kaum vorstellen, dass Gabriel auf der Hinterbank im Bundestag Däumchen dreht oder als Lobbyist à la Gerhard Schröder Kasse macht.
Wahrscheinlicher wäre, dass er jeden Schritt und Fehltritt seines "Freundes" Schulz von der Seitenlinie kommentieren würde. Bevor sie Gabriel verbannen, sollten Schulz und die SPD deshalb vielleicht über den alten Spruch des früheren US-Präsidenten Lyndon B. Johnson nachdenken: "It's probably better to have him inside the tent pissing out, than outside the tent pissing in." Die Übersetzung spare ich mir in diesem Fall.
GroKo-Verhandlungen stocken
Das klingt nach schwierigen Verhandlungen. Bis zwei Uhr in der Nacht haben die Vertreter von Union und SPD zusammengesessen, um wichtige Streitpunkte auf dem Weg zu einer Großen Koalition zu besprechen. Verhakt hat sich die Sache dann offenbar beim Thema Zuwanderung. Die SPD will die Sondierungs-Einigung beim Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus nachverhandeln, sie wünscht sich weitere Ausnahmen für Härtefälle, die Union lehnt dies ab. Nun soll heute erneut über mögliche Lösungsmodelle gesprochen werden. Tagen wird heute auch die wichtige Arbeitsgruppe zum Thema Gesundheit. Auch hier will die SPD Nachbesserungen erreichen, etwa die vollständige Angleichung der Arzthonorare bei gesetzlich und privat Versicherten.
Was tun gegen Superboni?
In der Metall- und Elektronindustrie drohen in dieser Woche Warnstreiks, weil die Arbeitgeber trotz voller Auftragsbücher den Arbeitnehmerforderungen nach flexibleren Arbeitszeiten nicht nachkommen wollen. Gleichzeitig herrscht an den Börsen mal wieder Party-Stimmung, und bei der Deutschen Bank sollen Boni in Höhe von einer Milliarde Euro ausbezahlt werden. Man muss kein Linker sein, um Widersprüche dieser Art für ein Problem zu halten. Wollte die damalige Große Koalition Bonus-Exzesse nach der Finanzkrise nicht eigentlich bekämpfen? Wenn Union und SPD (vor allem die) noch nach Gründen dafür suchen, warum viele Bürger schlecht gelaunt sind und ihnen mit Misstrauen begegnen: voilà.
Seltsames Syrien-Treffen in Sotschi
Russland gefällt sich in der Rolle des großen Friedensvermittlers in Syrien und hat deshalb von heute an zu einer großen Konferenz in der Schwarzmeerstadt Sotschi geladen. Bei dem "Kongress der Völker Syriens" sollen nach dem Willen Moskaus alle Volks- und Religionsgruppen des Bürgerkriegslands über eine Nachkriegsordnung beraten. 1000 Teilnehmer werden erwartet. Mitveranstalter sind Iran und die Türkei. Das Problem an dem Treffen: Das größte Bündnis der Gegner von Präsident Baschar al-Assad fehlt. Die Unterhändler der syrischen Opposition boykottieren das Treffen. Ein Ergebnis, das das Land einem echten Frieden näherbringt, ist daher nicht zu erwarten.
Gewinnerin des Tages...
... ist Melania Trump. Die Selbstdisziplin des Ex-Models nötigt Respekt ab. In der Öffentlichkeit hat sie den immer gleichen, neutral-freundlichen Gesichtsausdruck. Dabei muss sie einiges ertragen: Berichte über eine angebliche Affäre ihres Gatten mit einer Porno-Darstellerin, Spekulationen über eine Ehekrise, angeblich wohnt sie bereits tageweise in einem Washingtoner Luxus-Hotel statt im Weißen Haus. Das seien alles "vollkommen üble und falsche Berichte", ließ Frau Trump dazu nur knapp mitteilen, ansonsten schweigt sie und zeigt ihr Pokerface. Die "New York Times" nennt die First Lady deshalb nun die "Slowenische Sphinx". Das trifft es ganz gut.
Die jüngsten Meldungen aus der Nacht
- Afghanistan: Angriff auf Militärakademie in Kabul
- "Anne Will": Antisemitismus ist eine "kollektive Bewusstseinskrankheit"
- Wettbewerb der Outdoor-Fotografen: Sturmerprobt
Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die Woche,
Ihr Roland Nelles