Reaktionen "Da geht wieder ein Stück Vertrauen in unsere Eliten verloren"
Mit Empörung reagiert die SPD-Fraktion auf die Vorwürfe der Steuerhinterziehung gegen Post-Chef Klaus Zumwinkel. Bundesregierung und Unionsfraktion hingegen wollen die Affäre noch nicht bewerten.
Berlin - Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. Nachdem das ZDF und SPIEGEL ONLINE am Morgen über Razzien der Steuerfahnder bei Post-Chef Klaus Zumwinkel berichtet hatten, meldeten sich die ersten Politiker zu Wort. Besonders pikant wird die Affäre dadurch, dass der deutsche Staat als größter Einzelaktionär wichtigster Eigentümer der Post AG ist.
Rainer Wend, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, sagte SPIEGEL ONLINE: "Es gilt natürlich zunächst die Unschuldsvermutung. Aber wenn der Verdacht sich bewahrheitet, ist Klaus Zumwinkel keine Minute länger in dem Amt zu ertragen." Das Strafrecht müsse "mit voller Härte" angewandt werden, forderte Wend.
Die SPD habe in der Vergangenheit gut mit Zumwinkel zusammengearbeitet, sagte der sozialdemokratische Abgeordnete. Zuletzt hatte man gemeinsam für den Post-Mindestlohn gekämpft. Aber bei Steuerhinterziehung hört die Freundschaft auf. "Es ist unbegreiflich, dass ein Multimillionär wie Zumwinkel es nötig hat, auf diesem Weg ein paar Millionen Steuern zu sparen", sagte Wend. "Da geht wieder ein Stück Vertrauen in unsere Eliten verloren."
Auch die Linksfraktion forderte umgehend Konsequenzen. "Post-Chef Klaus Zumwinkel muss zurücktreten", sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der Fraktion, Herbert Schui. Die mutmaßliche Steuerhinterziehung sei "nur die Spitze des Eisbergs". Schon das "obszöne Aktienoptionsprogramm" des Unternehmens sei Grund genug für einen Rücktritt des Vorstandschefs. Zumwinkel habe zudem 130.000 Arbeitsplätze "vernichtet".
Die wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Kerstin Andreae, sagte SPIEGEL ONLINE, zunächst gelte die Unschuldsvermutung. Wenn sich die Vorwürfe gegen Zumwinkel bestätigten, könne sie sich "personelle Konsequenzen durchaus vorstellen".
Die Gewerkschaft Ver.di hält sich vorerst bedeckt. "Bisher besteht nur ein Verdacht", sagte ein Sprecher. "Dazu können wir uns nicht äußern." Er forderte allerdings, dass "die Vorwürfe rückhaltlos aufgeklärt werden".
Auch die Bundesregierung wollte sich noch nicht äußern. Sprecher von Wirtschaftsministerium und Finanzministerium verwiesen auf die Staatsanwaltschaft.
Aktionärsschützer verlangen "stille Stabsübergabe"
Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) wurde deutlicher - er erinnerte deutsche Vorstände an ihre gesellschaftliche Verantwortung. "Spitzenmanager haben eine besondere Verantwortung für die Akzeptanz der sozialen Marktwirtschaft", sagte Kauder der "Bild"-Zeitung. "Nur wer sich selbst an die Spielregeln hält und soziales Verantwortungsbewusstsein zeigt, kann erwarten, dass hohe Managergehälter und Millionenabfindungen von der Allgemeinheit auch akzeptiert werden."
Unionsfraktionsvize Michael Meister sagte: "Es gilt zunächst einmal die Unschuldsvermutung - auch für Herrn Zumwinkel. Aber sollten sich die Vorwürfe erhärten, was wir derzeit nicht wissen, dann sollte Zumwinkel von sich aus umgehend zurücktreten."
Nach Meinung von Aktionärsschützern sollte Zumwinkel sein Amt bei einem länger dauernden Ermittlungsverfahren ruhen lassen. Der Manager könne dann seinen Posten in einer Art "stillen Stabsübergabe" für einen Nachfolger räumen, sagte der Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Jürgen Kurz. "Wenn jetzt irgendwann in der nächsten Zeit Anklage erhoben würde, wäre ein Rücktritt angesagt."
cvo/cvk/sam/wal/dpa