Ex-Kanzlerkandidat Steinbrück warnt SPD vor schneller Öffnung nach links
"Das steht jetzt nicht an": Ex-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück kritisiert die geplante Öffnung der SPD zur Linken als verfrüht. Seine Partei solle sich auf die Koalitionsverhandlungen mit der Union konzentrieren - "und nicht Pirouetten drehen".
Berlin - Kurz vor ihrem Parteitag debattiert die SPD über die geplante Öffnung zur Linkspartei. Ex-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück geht auf Distanz zu der von der SPD-Parteispitze geplanten Öffnung. "Das steht jetzt nicht an", sagte Steinbrück vor Beginn des SPD-Parteitags am Donnerstag.
Der Parteitag soll nach dem Willen des Vorstands beschließen, dass die SPD vor Wahlen künftig keine Koalitionen mehr ausschließt. Die klare Absage an ein Bündnis mit der Linkspartei bei der Bundestagswahl war vor allem bei SPD-Linken auf Kritik gestoßen.
Man verhandele mit der Union über eine Große Koalition, sagte hingegen Steinbrück der "Passauer Neuen Presse". "Die strategischen Perspektiven für die Zeit danach sollten wir besprechen, wenn die Frage ansteht." Entscheidend werde sein, wie sich die Linkspartei in den nächsten Jahren entwickle. "Das sollten wir abwarten und nicht selbst Pirouetten drehen."
Mehrere Genossen betonten am Mittwoch, die geplante Annäherung gelte nicht als Alternative in diesem Jahr, sollten die Verhandlungen über eine Große Koalition scheitern. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Elke Ferner betonte, die SPD stehe zu ihrer Wahlaussage. Man könne aber sagen, dass die Verhandlungen mit der Union nach drei Wochen an einem Tiefpunkt angekommen seien.
Generell kommt selbst von der Parteirechten Unterstützung für das Vorhaben. "Das ist ein vernünftiger Schritt", sagte der Sprecher des pragmatischen Seeheimer Kreises, Johannes Kahrs, SPIEGEL ONLINE. "Damit signalisieren wir der Linkspartei: Werdet koalitionsfähig, dann seid ihr im Spiel. Und wir haben eine weitere Machtoption." Auch den Zeitpunkt des strategischen Schwenks begrüßte Kahrs.
Bürger haben wenig Vertrauen in SPD-Chef Gabriel
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe reagierte gelassen auf die SPD-Pläne. "Wenn man das Wahlergebnis von SPD und Grünen ansieht, ist ein Linksruck beider Parteien von den Wählerinnen und Wählern nicht belohnt worden", sagte er im Deutschlandfunk.
Am Donnerstag werden 600 Delegierte zum SPD-Parteitag in Leipzig erwartet. Im Mittelpunkt steht die Neuwahl der Parteispitze, bei der sich Parteichef Sigmar Gabriel zur Wiederwahl stellt. Über die Koalitionsverhandlungen wird in Leipzig nicht entschieden. Das bleibt einem Briefwahl-Votum der rund 470.000 SPD-Mitglieder vorbehalten.
Im jüngsten Wahltrend von "Stern" und RTL rutschen die Sozialdemokraten vor dem Parteitag ab und liegen unter ihrem Bundestagswahlergebnis. Eine Mehrheit der Befragten traut demnach Parteichef Sigmar Gabriel nicht zu, dass er die SPD aus der Krise führt.
Innerhalb der Partei wird jedoch mit einem guten Ergebnis für den Vorsitzenden, seine Stellvertreter sowie Generalsekretärin Andrea Nahles gerechnet. Es gehe auch darum, der Führung ein starkes Mandat für den Rest der Koalitionsverhandlungen zu geben, heißt es.
fab/AFP/dpa/Reuters